Bei Peter Bjorn and John bin ich in die typische Falle getappt, die einem jene Bands stellen, die einen Superhit landen: dieser wird über alle Maßen totgespielt, man selbst hat ziemlich schnell die Schnauze voll von dem Lied, schlussendlich auch von der ganzen Band und überhaupt kein Interesse daran, sich damit auseinanderzusetzen, was deren Repertoire sonst noch zu bieten hat. Beim Anhören der neuen (und schon sechsten!) Langspielplatte „Gimme Some“ der Schweden kommt mir zum ersten Mal der Gedanke, dass ich da eventuell ganz schön was versäumt haben könnte.
Ebenjener Superhit „Young Folks“ ist nach Aussage der Plattenfirma der, nach „Wind Of Change“ und einer Alternativversion der Titelmelodie von Magnum, dritterfolgreichste Song aller Zeiten welcher Gepfeife enthält . Bei solchen Referenzen drängt sich natürlich der Gedanke auf, dass man sich stilistisch in den musikalischen Gefilden der zu Unrecht oft verschmähten 80er bewegen möchte. Tatsächlich allerdings startet „Gimme Some" mit einigen sauberen Indie-Tracks. Der Opener „Tomorrow Has To Wait“ führt einen sanft mit orchestralem Sound ein, um gleich darauf mit den sparsamen und dennoch knackigen Gitarrenläufen von „Dig A Little Deeper“, begleitet von zum Mitsingen verführendem „Oh oh“ - Chor im Hintergrund, zum ekstatischen Ausdruckstanz einzuladen. So geht es dann einige Tracks weiter und man hat das Gefühl, als hätten Peter, Björn und John sich einmal bei sämtlichen erfolgreichen Indierockbands der letzten Jahre umgesehen und gedacht „Das können wir auch – und besser!“, ohne jedoch genau den Finger darauf legen zu können, an was und wen einen denn nun dieser oder jener Track erinnert. Bei „May Seem Macabre“ kommt dann schließlich der (zumindest von mir) so heiß antizipierte 80er-Sound – Schlagzeug und Gitarren könnte man so problemlos bei jeder besseren New Wave-Band wiederfinden, jedoch ohne den dort oft anzutreffenden unterkühlten Sound, sondern sich hinwendend zur großen, hymnischen Pop-Geste. Dier Textzeile „May seem macabre, but it’s beautiful“ finde ich an dieser Stelle nur allzu passend und möchte mich sofort in ein Cabrio setzen, um in einer weiten Landschaft dem Sonnenuntergang entgegen zu rasen – der sehr abrupte Schluss holt mich dann ein wenig zu hart in die Realität zurück.
Zu schnell stelle ich fest, dass „May Seem Macabre“ nicht nur den Mittel-, sondern auch des Höhepunktes des Albums markiert und muss aufpassen, dass ich die nachfolgenden Tracks dadurch nicht zu sehr abwerte. Schließlich hat auch „Don’t Let Them Cool Off“ (der Name ist Programm!) mit seinem postpunkigem Mittelteil so einiges zu bieten und ist trotz der Tatsache, dass die Lyrics etwa im letzten Drittel des Liedes nur noch aus der Wiederholung der Titelzeile bestehen, kein Stückchen monoton. Zum Ende des Albums hin werden dann noch eventuelle Gelüste nach Schweden-Rock’N’Roll bedient (ganz egal ob man dabei nun Mando Diao oder die Hellacopters im Hinterkopf hat) um mit „I Know You Don’t Love Me“ mit einem typischen letzten Albumtrack (lang, ruhig beginnend und druckvoll endend) abzuschließen.
Und dann sitzt man da, denkt an die ganzen Hooklines, die einem in den letzten 37 Minuten um die Ohren geballert wurde, stellt fest, dass man kein Lied auf dieser Platte richtig langweilig fand und fragt sich: Können die das schon immer? Ich jedenfalls fühle mich eines besseren belehrt, was augenscheinliche One-Hit-Wonder angeht, und werde nun erst mal in die Vorgängeralben rein hören, in der Hoffnung auf die ganz große Offenbarung.
(Ich verweise an dieser Stelle außerdem nochmals explizit auf die Bandinfo auf der Seite ihres Plattenlabels – haarsträubender Unsinn und Größenwahn! Großartig.)
8/10
VÖ: 25.03.2010 über Cooking Vinyl