2010/12/14

[Konzerte] Incubus - 12.04.2004 - Support: Hundred Reasons - Jahrhunderthalle/Frankfurt

Wir schreiben den 12. April im Jahre 2004. Frankfurt schlummert dem kommenden Sommer entgegen und alle die nicht warten wollen, dass es der Sonnengott wieder gut mit ihnen meint, pilgern gemeinsam zur Jahrhunderthalle nach Höchst um wenigstens akustisches Strandfeeling geniesen zu können. An der Halle angekommen fallen einem erstmal die vielen und brav in einer Reihe stehenden Girlies mitsamt ihren fünf Jahre älteren Freunden ins Auge. 

Drinnen bietet sich für einen knapp 1,90 grossen Konzertbesucher ein überraschendes Bild, freier Blick auf die Bühne, weil alle übrigen Besucher eher so um die einssechzig und auch dementsprechend jung sind. Schon allein daran kann man sehen, wie die fünf "Darüberlieger" durch ihr mittlerweile fast drei Jahre zurückliegenden "Morning View"-Album an Popularität dazugewonnen haben. Um kurz nach halb neun, also recht pünktlich, entern Hundred Reasons die Bühne und leiern in ner knappen halben Stunde ihr Set runter. Der Bandname ist nicht einmal schlecht gewählt. Seit ihrem Auftritt kenn ich hundert Gründe mehr diese Band nicht anzuhören. Langweilig, weil eintönig. Gähnfaktor hoch zehn. Und warum der Bassist nach jedem Lied sein Instrument wechselt bleibt mir bis heute völlig schleierhaft. Ausser den ersten beiden Reihen scheint der grösste Teil des Publikums auch eher gelangweilt und sowieso nur für Incubus gekommen zu sein, was ist da schon so ne poplige Vorgruppe, ausser ein Hindernis. Immerhin war der Sound sehr fett.

Nun ist der Spuk vorbei und die Hauptgruppe lässt sich dermassen lange Zeit, dass sich bestimmt die ersten kleinen Mädels gen Heimat aufgemacht haben, weil sie dachten, dass da nichts mehr nachkommt und sich immernoch verwundert über so ein Rockkonzert die Köpfe reiben.
Satte 35 Minuten später, eigentlich eine Frechheit, steht die Band vor einem schwarzem Backdrop, durch das weisse Birnchen glühen und geben mit "Megalomaniac" kräftig Gas.
Ab dann mutiert der Auftritt in eine Art Live-spontan-Session, war es sicherlich nicht, kam aber so rüber. Der Schwerpunkt liegt hierbei eindeutig auf dem neuen Album, wobei auch "A certain shade of green" oder aber der Lieblingssong aller Zahnspangenmädels "Wish you were here" zu vernehmen sind.

Denen dürfte es sowieso reichlich komisch vorgekommen sein, was ihre vergötterte Band, denn da ablieferte. Minutenlange, psychedelisch angehauchte Gitarren- und Drumsoli sind an der "Abendordnung" und verleihen der gesamten Veranstaltung einen angenehmen und eher unerwarteten Charakter. Zwischendrin schnappt sich der Bassist dann auch schon mal ein paar Drumsticks und greift dem Haupttrommler unter die Arme. Unter dem wilden Haufen steht Michael Einziger und lässt, trotz vorhandenem Mikro, seine Gitarre und die dazugehörigen Effektgeräte für sich sprechen oder eher quietschen. Was dieser, eher schüchtern wirkende Kerl, aus seinem Instrument herausholen kann, ist echt phänomenal.
Die Stimmung in der Halle ist eher gespalten, während das vordere Drittel aus dem Häuschen ist, steht der Rest entweder mit offenem Mund da oder geht sich noch eine Brezel am Imbissstand kaufen. Als Brandon Boyd noch seinen Oberkörper entblösst, sind wenigstens auch noch die kreischenden Mädels auf ihre Kosten gekommen. Wie auch immer, knapp 1,5 Stunden Livespektakel, zwei Zugaben und nach "The Warmth" ist Schluss.

Zurück bleibt nur die Frage, ob die gebotene Darbietung nun gut war oder nicht. Wer für die Incubus gekommen war, die man von ihren Alben her kennt, war sicherlich enttäuscht, weil viele Kracher ("Drive", "Nice to know you" oder aber "Privilege") gänzlich ignoriert worden sind. Für alle anderen wurde hier ne überaus geile Liveperformance abgeliefert, die deutlich macht, dass die Band noch einiges im kreativen Petto hat und längst nicht mehr in "Morning View" Dimensionen denkt.

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