Lieder covern kann jeder – ein ganzes Album mit solchen Stücken zu veröffentlichen trauen sich jedoch die wenigsten Bands. Die fantastischen Nada Surf aus New York haben es kürzlich gewagt und mit „If I had a Hi-Fi“ eine Platte veröffentlicht, auf der vor allem persönliche Lieblingsperlen der Indie-Rocker im eigenen Gewand neu vertont werden. Benzol sprach mit Schlagzeuger Ira Elliot im Vorfeld ihres Auftrittes im Aschaffenburger ColosSaal.
Zuerst einmal möchte ich mich dafür entschuldigen, dass ich dich habe warten lassen. Irgendwie war mir nicht klar, dass ich vor der Show noch einen Interviewtermin habe und deshalb hat es etwas länger gedauert.
Das macht doch nichts. Freust du dich denn auf die Show im doch recht kleinen Rahmen heute Abend?
Ja, natürlich. Wir haben uns im Vorfeld der Tour dazu entschlossen mit unserem aktuellen Album vor allem die kleineren Clubs zu betouren und im Vergleich zu den anderen Hallen ist dieser Laden hier sogar noch mittelgroß. Wir haben in den letzten Wochen durchaus noch kleinere Shows gespielt. Das liegt auch daran, dass sich unser aktuelles Album nicht wirklich wie „unser“ Album anfühlt, da es ja ein Coveralbum ist. Da eignet es sich in unseren Augen besser, wenn wir Shows spielen, die etwas von einem „Boutique-Touch“ haben. Außerdem macht es mir wirklich Spaß kleine Shows zu spielen.
Nada Surf scheint eine ziemlich harmonische Band zu sein. Immerhin gibt es euch schon 18 Jahre. Was ist euer Geheimnis?
Gute Frage. Ich glaube, dass dies an unseren jeweils guten, persönlichen Beziehungen liegt. Die sind und waren einfach immer gut. Wir haben Spaß dabei Musik mit einander zu machen und im Allgemeinen stimmt einfach die Chemie zwischen uns. Zusätzlich glauben wir, dass das Beste für uns als Band noch vor uns liegt, was dazu führt, dass wir bei jedem Album mit dem Gedanken herangehen: „Ja, dieses Mal machen wir mal wieder ein richtig gutes Album.“ Ich persönlich habe das Gefühl, dass wir immer noch sehr gut vorankommen, uns entwickeln und das Beste noch hinter dem Horizont auf uns wartet.
Ihr habt vor Kurzem euer neues Album, ein Coveralbum, mit dem Namen „If I had a Hi-Fi“ veröffentlicht. Wie hat sich bei euch die Idee, ein Coveralbum zu machen, entwickelt?
Wie kann ich mir die Liederauswahl für „If I had a Hi-Fi“ vorstellen? Auf dem Album sind 12 Lieder – hat sich jeder von euch 4 Stücke aussuchen dürfen?
Nun, jeder von uns hat zu Hause eine ganze Bibliothek an Alben. Wir haben uns darauf geeinigt, dass jeder etwa 20 Lieder aussucht, die wir uns schließlich eines Tages bei Daniel zu Hause gemeinsam angehört haben. Dann haben wir diese in verschiedene Kategorien eingeteilt, wie etwa „definitiv“ und „vielleicht“. So konnten wir recht schnell viele Stücke aussortieren und waren von 60 bei 30 Liedern angelangt, die wir anschließend auch versucht haben musikalisch umzusetzen. Das heißt, wir haben einfach angefangen mit diesen Songs zu proben. Letztendlich hatten wir uns auf die von dir erwähnten 12 Stücke einigen können und dann etwa einen Monat lang geprobt, bis wir letztendlich ins Studio gegangen sind, um alles aufzunehmen. Es war schon sehr spannend, wie es mit so einer Menge Liedern anfing und letztendlich doch so sehr minimiert wurde.
War es euch denn wichtig möglichst nah am Original zu sein, oder sollte man schon hören, dass es ein Nada Surf - Song ist?
Auf dem Album findet sich neben einem französischen Stück auch ein spanischer Titel. Würde dir eventuell auch ein deutschsprachiges Lied einfallen, was es in die engere Auswahl hätte schaffen können?
Ich muss gestehen, dass wir uns wirklich sehr, sehr schwer getan haben, die fremdsprachigen Stücke für uns zu finden. Bei dem spanischen Song war es kein Problem, da das Original von einem Freund von uns geschrieben wurde. Da ist die Entscheidung sehr schnell gefallen. Aber besonders das französische Stück ist für eine amerikanische Band wie uns nicht ganz einfach, da französische Songs oftmals sehr starke und eigenwillige Popsongs sind. Diese kommen fast immer in den unterschiedlichsten Farben daher und es ist uns schwer gefallen diese Stücke auf unsere Art und Weise zu spielen. Zusätzlich ist es schwer zu definieren, was jetzt zum Beispiel einen guten deutschen Popsong ausmacht. Wählt man einen Song aus, der auf Deutsch gesungen wird, oder nimmt man lediglich das Stück eines deutschen Künstlers, was aber auf Englisch ist? Du siehst, die Möglichkeiten sind immens. Ehrlich gesagt gibt es ja auch nicht allzu viele Künstler aus Deutschland, auf die wir in Amerika hätten aufmerksam werden können. Klar, es gibt viele internationale bekannte Metalbands von hier, aber was Popsongs angeht, die bei uns bekannt wurden, fällt mir jetzt erst einmal nur Nena ein. Oh, und natürlich Trio und Kraftwerk. Mensch, wir hätten uns mal an einem Kraftwerk-Song probieren sollen. Das wäre ein spannendes Cover geworden. Aber du siehst: Das sind die Probleme, mit denen man sich auseinandersetzten muss, wenn man fremdsprachige Stücke neu vertonen möchte. Ich habe mich soeben entschieden: Wir hätten 99 Luftballons gemacht, aber wir hätten den schrecklichen Funkpart in der Mitte herausgenommen. Das ist generell auch das Wichtigste, wenn es um das Covern von Popsongs geht: Schmeiß zu Beginn den Teil aus dem Lied, den du am meisten hasst. Wenn ein Lied großartig ist, aber dir ein bestimmter Teil nicht gefällt, dann raus damit.
Ich habe vor einiger Zeit gelesen, dass ihr auf manchen Konzerten euer neues Album an die Fans verschenkt habt. Wie kam es dazu?
Ja, wir haben das in Spanien gemacht, weil wir gewisse Probleme hatten, das Album dort auf einem Indielabel herauszubringen. Durch das Verschenken des Albums auf den Konzerten konnten wir zudem sehr schnell die Verkaufszahlen für „If I had a Hi-Fi“ nach oben treiben. Stell dir das so vor: Angenommen wir spielen auf einer Show vor 100.000 Leuten und verschenken dort die CDs. Dann wird danach jemand zu uns kommen und sagen: Jungs, ihr habt 80.000 Platten verkauft. Nun, wir wissen, dass wir in Spanien vor 5.000 Fans spielen und die bekommen dann einfach 5.000 Platten. So einfach funktioniert das. Zudem ist es immer schwierig, wenn es darum geht, wie man Zuschauer auf eine Show locken kann. Man muss immer etwas Besonderes bieten, interessant für die Fans bleiben und diesbezüglich war das im Endeffekt natürlich schon eine gute Idee.
Eure Songs wurden ja bereits in verschiedenen TV-Serien eingespielt. Hat sich das deiner Meinung nach in irgendeiner Form positiv auf euren Erfolg ausgewirkt?
Schwer zu sagen. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass es uns eine neue Form von Publikum gebracht hat. Wenn man sich aber die Art der TV-Serien anschaut kann man sagen: Es bringt dir vor allem ein jüngeres Publikum. Wenn du in irgendwelchen Teen-Drama-Shows oder auf irgendwelchen Filmsoundtracks vertreten bist, dann schenken sie dir natürlich auch ihre Aufmerksamkeit. Das ist klar. In den letzten 5-6 Jahren hat sich diese Sparte sehr stark entwickelt, da man gemerkt hat, dass junge Zuschauer sich dafür verstärkt interessieren. Wenn ich auf Konzerten sehr junge Zuschauer sehe, dann glaube ich oft, dass dies auch ein Resultat davon ist und mich freut das natürlich. Während wir älter werden, scheint unser Publikum doch in etwa den gleichen Altersschnitt zu behalten, was sehr wichtig ist. Zudem sollte man nicht außer Acht lassen, dass eben TV das neue Radio ist.
Stimmt es, dass du zusammen mit Musikern von Cat Power, Moby und Maplewood, Teil einer Beatles Coverband bist. Das klingt spannend.
Oh ja. Ich freue mich Teil der großartigsten Beatles-Coverband aller Zeiten sein zu dürfen. Leider ist der Typ von Moby nicht mehr dabei, jedoch haben wir seit einem Monat den Gitarristen von Guided by voices bei uns, was wirklich fantastisch ist. Mark von Maplewood und ich haben uns letztes Jahr auf dem Reeperbahn-Festival in Hamburg getroffen und festgestellt, dass in diesem Jahr die Beatles ihr 50-jähriges Hamburg-Jubiläum feiern. Das heißt, dass sie vor 50 Jahren zum ersten Mal in dieser Stadt im Beat Club aufgetreten sind. Mark und ich haben ständig wegen der Idee einer Beatles-Coverband herumgealbert, aber an diesem Tag haben wir beschlossen, dass wir es wirklich versuchen sollten. Dann haben wir uns überlegt, dass es doch hervorragend wäre, genau an diesem Jubiläumstag auch in Hamburg spielen zu dürfen, da das doch genau das ist, was die Leute sehen wollen. Also haben wir beim Star Club angefragt und festgestellt, dass Mitte August, wenn das Jubiläum stattfindet, noch niemand gebucht wurde. Schnell haben wir uns für drei oder vier Abende eingebucht und noch zwei weitere Mitglieder gesucht und gefunden. Vor zwei bis drei Wochen haben wir unsere erste Show gemeinsam in New York gespielt, was wirklich super funktioniert hat. Und jetzt in drei Wochen spielen wir schon in Hamburg. Wir haben nur noch zwei bis drei Proben und ganze 50 – 60 Songs, die wir spielen möchten - was wirklich eine Menge ist. Wenn wir dann ein paar Fehler machen ist das voll in Ordnung, denn wir machen ständig alle Fehler auf der Bühne. Es geht uns nicht darum eine perfekte Show abzuliefern, sondern vielmehr darum gemeinsam Spaß zu haben.
Spielt ihr dann jeden Abend eine unterschiedliche Setlist?
Das ist schwer zu sagen. Aber wir spielen ja jeden Abend in etwa drei Stunden, von daher werden wohl viele der Songs sowieso an jedem Abend gespielt werden. Da wir alle so große Beatles-Fans sind, können wir eventuell auch spontan auf Zuschauerwünsche eingehen. Wenn jemand ein Lied fordert, was wir noch nie zuvor geprobt haben, dann versuchen wir es einfach und ich denke es wird klappen.
Folgt da noch eine Tribute-Platte?
Also wir haben vor die Auftritte mitzuschneiden und unsere eigene Version von „Bambi Kino – Live at Star Club“ herauszubringen. Jedoch alles sehr roh, ohne Mikros an den Amps oder am Schlagzeug. Ich möchte, dass es sich anhört wie im Jahre 1960 und ich hoffe, dass die Tontechniker da mitspielen. Auf jeden Fall bin ich jetzt schon ziemlich aufgeregt, zumal es in wenigen Wochen schon so weit ist.
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