2010/12/15

[Konzerte] Mumford & Sons - 19.11.2009 - Support: Kristoffer Ragnstam - Gebäude 9/Köln

Ein All-Killer-No-Filler Debütalbum, von der heimischen und hiesigen Presse ausreichend gehypt, die drei Deutschlandtermine längst ausverkauft – die Erwartungen an das Konzert der großartigen Folk-Bluegrass-sonstwas-Kombo Mumford & Sons im Kölner Gebäude 9 am 19.11. wurden durch einige Umstände ordentlich hochgeschraubt.  Was dem Publikum dann aber schließlich geboten wurde, ging weit über das hinaus, was man sich von diesem Auftritt erhofft hatte.

Image Schon beim Voract Kristoffer Ragnstam samt Begleitband war der etwa 500 Personen fassende Raum ziemlich gut gefüllt und der Schwede vermochte mit seinem flotten, manchmal beinah psychedelisch anmutendem Indierock das Publikum zu begeistern. Als Marcus Mumford und seine „Familie“ dann die Bühne betraten und die ersten Takte vom Albumopener „Sigh No More“ anstimmten: vollkommene Stille im Raum.
Die komplette Meute schien den Atem anzuhalten, um diesen schließlich in dem Moment als auch das Lied lauter und dynamischer wird, in frenetischem Jubelgeschrei auszustoßen. Eine unglaubliche Atmosphäre, die sich durch die hervorragende musikalische Darbietung der vier Jungs auf der Bühne und das dankbare Aufnehmen eben jener durch das Publikum wechselseitig immer weiter hochschaukelt. So etwas habe ich persönlich noch auf keinem Konzert erlebt; schon gar nicht auf einem einer so jungen und gerade erst aufstrebenden Band. Die anfangs schüchtern wirkenden Jungs scheinen gar nicht glauben zu können, wie ihnen geschieht, freuen sich darüber, dass das Publikum jeden Song mitsingen kann und belohnen den minutenlangen Applaus nach jedem Song mit stetig steigender Spielfreude. Das beim ersten Song aufgetretene Phänomen hält sich weiterhin über die ganze Länge des Konzerts, was von Marcus Mumford mit lobenden Worten kommentiert wird: „Das liebe ich am deutschen Publikum – Ihr seid leise, wenn ihr leise sein solltet, und laut, wenn es nötig ist!“ 

Es hätte auch gar nicht anders sollen; wollte man doch keinen einzelnen Ton der so virtuos dargebotenen Stücke versäumen. Fast das komplette Debütalbum wird heruntergespielt; dabei wechselt jedes Bandmitglied mindestens einmal das Instrument, passt jeder Ton beim vierstimmigen Gesang perfekt und die Stücke erreichen live eine noch größere Intensität als auf Platte, was zu einer langen Reihe von Gänsehautmomenten führt. 

Doch auch menschlich wissen die Londoner zu überzeugen. Zwischendurch wird immer wieder ein wenig locker geplaudert, Mumford wundert sich über das hohe Dildoaufkommen in Hamburg und Winston Marshall gewinnt die Herzen durch die Vorstellung seiner Bandkollegen in gebrochenem Deutsch: „Für die Fräuleins: das ist Ted!“ 

Image Hat nun also die Stimmung sowieso schon das ganze Konzert über ein konstant hohes Niveau gehalten, kulminiert diese, nachdem „Thistle & Weeds“ gespielt wurde, in einem tosenden Applausstakkato, das bei anderen Bands erst dann ausgepackt wird, wenn es gilt, sie zu einer Zugabe zurück auf die Bühne zu bewegen. Dies bringt Mumford scheinbar dermaßen aus dem Konzept, dass er beim darauffolgenden „The Cave“ zunächst glatt seinen Einsatz verpasst. Solche kleinen Ausrutscher heiterten jedoch eher nur noch auf als dass man sie übel nimmt, sodass beim zweiten Anlauf, wie schon bei der Single „Little Lion Man“, wohl der komplette Saal am Tanzen ist.
Nach etwa einer Stunde ist das reguläre Set beendet, aber natürlich lassen sich die vier Herren zu einer Zugabe auf die Bühne bewegen und wagen es, „Sister“ komplett ohne elektronische Verstärkung vom Bühnenrand aus zu intonieren. Wieder beinah andächtige Stille – jedenfalls, bis „Country Winston“ lautstark eine Saite seines Instruments reißt. Unter Achselzucken und schelmischem Grinsen trommelt der nunmehr instrumentenlose spontan (und sichtbar ohne nennenswertes Können) auf dem Schlagzeug herum, was dem Publikum den letzten großen Lacher dieses von amüsanten Momenten gespickten Abends entlockt. 

Der abschließende, neue Song „Whisper In The Dark“ schließlich macht bereits jetzt große Lust auf das, was von dieser hervorragenden Band noch kommen mag und lässt sehr darauf hoffen, dass Mumford & Sons die große Ausnahme unter den schnell aufgestiegenen und ebenso schnell wieder vergessenen UK-Hype Bands dieser Tage sind. Auch wenn das wahrscheinlich bedeutet, dass man wahrscheinlich nicht mehr die Gelegenheit haben wird, die Jungs in so einem intimen Rahmen zu sehen, denn alle Anwesenden (vor allem wohl die, die nach dem Konzert bei bereits wieder angeworfenem Licht und Musik eine weitere Viertelstunde unter hoffenden Beifall vor der Bühne verharrten) haben wohl an diesem Abend gespürt, dass hier man etwas ganz besonderes geboten bekommen hat und Mumford & Sons sicherlich das Potential haben, noch verdammt groß zu werden. Wünschen würde man es ihnen allemal.

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