2010/12/16

[Platten] Tillmann - Vorsicht Fahrstuhl

ImageTillmann. Der Bandname klingt mal wieder so übertrieben Clichémässig nach Studiband. Weckt Assoziationen an Formationen, die den Namen ihrer Mutter schreien. Pseudointerlektuelle Texte gepaart mit Monotongitarren. Campusbrunnen und Mensageruch. All das kommt dem Schreiberling in den Sinn, als er die CD in den Händen dreht und wendet. 

Kaum legt der Opener "Geld, Gold & Glücklichsein" jedoch los, schwenkt der Schubladenkompass in Richtung Berlin und versucht sich dort einzupendeln. Der/die/das Ärzte lassen grüssen. Doch kaum ist die Nadel zum stehen gekommen, springt die CD auf den nächsten Track namens "Blütenrausch" um, und verwundert ein weiteres Mal. Hier tauchen erstmals die befürchteten Lyriktexte ein, die man getrost vergessen kann. 

Das gerollte R von Thomas Kiemle verpassen dem ganzen noch einen etwas (wenn auch garantiert ungewollten) arischen Touch. "Keine Zeit" könnte locker aus der Feder einer Judith Holofernes stammen. So schummelt sich Album zwischen krachigen Rock, Retromelodien und Balladen durch die ersten sieben Lieder, um schliesslich Platz für "Eisbär", den unbestrittenen Höhepunkt des Albums zu machen. Fängt zwar auf textlicher Ebene ebenso strange an ("Ich möchte ein Eisbär sein, dann müsste ich nicht mehr schreien"), rettet aber auf instrumentaler Ebene den Song über das Mittelmaß hinaus. Spätestens wenn Monsieur Kiemle anfängt seine Rauhkehle auszupacken und sich die Gitarre aufbäumt, geht der Eisbär voll in Ordnung. "Karussell" und "Herr Dehmel" lassen ebenfalls aufhorchen.

Das Album beschliessen "Geschichten aus dem All", gesplittet in vier Teile. Peter Schilling und/oder Kraftwerk lassen grüssen. Synthie for live.

Also: Alle die die Eingangs erwähnten Bands, wie Tomte oder Madsen mögen, die liegen hier goldrichtig. Doch das Ding ist auch für Leute interessant, die Interesse an sauber gespielten Rock haben und sich nicht unbedingt an Computergeblubber stören. Das Ding könnte eine breitere Masse ansprechen ohne sich anzubiedern. Auf eigentümliche Weite interessant.

Label/Vertrieb: FinestNoiseReleases/Radar

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen