2010/12/14

[Konzerte] Traffic Jam Festival - 28.07. bis 29.07.2006 - Dieburg

Wie jedes Jahr luden die Organisatoren des Traffic Jam im beschaulichen Dieburg zum Zelten und Feiern ein. Das Festival, was sich in den letzten Jahren immer steigender Besucherzahlen und Beliebtheit erfreute, konnte auch dieses Jahr wieder mit enorm fairen Eintrittspreisen und einem ordentlichen Line-up überzeugen. Daher wurde das Ticket rechtzeitig gesichert und die Reise mit dem Zug in Richtung Dieburg angetreten. 
Bereits gegen Mittag erfahre ich per SMS von einigen Kollegen, dass der Campingplatz bereits 2 Stunden nach Einlass völlig dicht sei und sich vor dem Eingang eine Schlange von 3 Stunden gebildet hatte. Vor Ort angekommen, war ich jedoch nach 20 Minuten auf dem Gelände und konnte glücklicherweise noch bei einem Kumpel aus Hanau unterkommen, da er mir freundlicherweise einen Platz in seinem Zelt freigehalten hatte. Was sich auf diesem Campinggelände abspielte, war selbst für mich eine Spur zu hart. Die Zelte standen dicht an dicht und viele fanden sich beim heraustreten aus dem eigenen Zelt direkt wieder im Zelt des Nachbarn vor. Viele Campingfans drängten die Absperrzäune nach hinten, um noch ein Stück weiter auf dem Feld, das einem ortsansässigen Bauern gehört, abzuzelten. Während manche schon vor Beginn der Bands verärgert die Heimreise antraten, suchten andere den Ausweg in Richtung Industriegebiet, um dort noch einen Schlafplatz zu ergattern.

Als ich gegen 16 Uhr ankam konnte ich im Hintergrund noch die Band Pornophonique hören, die mit einer sehr interessanten Mischung aus Gitarre und Gameboygedudel auf der Bühne für Stimmung sorgte. Konnte mir vor Ort leider kein Bild von dem Treiben auf der Bühne machen, was jedoch bis zum Zeltplatz herüberdrang war schon mal wirklich nicht von schlechten Eltern. Ein „South of heaven“ - Cover von Slayer war am Ende auch herauszuhören – innovativ und edel!

Die erste Band, die ich mir dann auch live vor der Bühne anschauen konnte waren Smoke Blow aus Kiel. Für mich eigentlich der beste Auftritt vom gesamten Wochenende, denn was die Truppe da auf der Bühne abgelieferte war echt allererste Sahne. Die auf der Traffic-Jam Homepage schon angepriesene Energie aus Stoner-Rock und Hardcore konnte sich komplett entladen und das Publikum riss sich den Arsch vor der Bühne auf. Selten bin ich von einer Band dermaßen überrascht worden und war am Ende des Sets gezwungen gewesen meine Kinnladenstarre wieder lösen zu müssen.

Caliban habe ich mir im Anschluss größtenteils geschenkt, da ich die Truppe schon zu oft gesehen hatte. Lediglich bei der ’Wall of Death’ machte ich mal einen kleinen Abstecher vor die Bühne um mir das Gemetzel reinzufahren. War aber schon recht professionell was die Metalcoretruppe um Andy Dörner da auf den Brettern abzog. Das Publikum war begeistert und ich freute mich tierisch auf den nächsten und zugleich letzten Act des Abends: Ignite aus Orange County. Und die konnten vollkommen überzeugen. Los ging es erwartungsgemäß mit „Bleeding“. Es folgten „Bullets included no thoughts required“, „Fear is our tradition“ und „Who sold out now?“. Nach und nach reihten sich die üblichen Hits und neue Knaller wie "My judgement day", "Poverty for all", "Let it burn", "Are you listening?" und das U2-Cover "Sunday, bloody sunday" in das Programm ein. Mit „Live for better days“ kam man aus der Pause zurück und der All-Time-Killer „Veteran“ setzte schließlich den Schlusspunkt unter ein geniales Set. Hölle, was die Jungs da auf der Bühne abliefern können - Ignite halt.

Nach einer mehr oder weniger erholsamen Nacht war am nächsten Tag wieder ein straffes Programm angesagt, was im Laufe des Tages so seine Folgen zeigen sollte. Als erstes fuhr ich mir I-Trip rein, die mit einer Mischung aus Crossover und Hardcore, gemischt mit DJ-Elementen an den Start gingen und zwischenzeitlich hier und da zu überzeugen wussten. Mit Cashless im Anschluss konnte ich nicht wirklich viel anfangen. Erinnerten vom Erscheinungsbild ein wenig an Good Charlotte und auch musikalisch hatte ich von der Homepagebeschreibung ihrer Musik eher mehr erwartet. Aber man kann ja nicht alles haben. Der erste Höhepunkt des Abends war schließlich Götz Widmann. Der geniale Liedermacher aus Bonn, der auch desöfteren in Hanau campiert, hatte mal wieder ein vollgepacktes Set gespickt mit Sex und Drogen dabei. Das Publikum war überraschend Textsicher und bei „Danke Tanke“, „Politiker beim Ficken“, „Chronik meines Alkoholismus“, „Zöllner vom Vollzug abhalten auf der A4“ und vielen anderen Evergreens war mächtig Stimmung angesagt. Der gute Götz war sichtlich überrascht und erfreut über die gute Resonanz., während an der Seite Bühnenmitarbeiter und Roadies bereits wie wild gestikulierten, um ihm mitzuteilen, dass er sich doch bitte so langsam von der Bühne verdrücken solle, da der nächste Act bereits in den Startlöchern stehe. Und somit war nach „Ich schäme mich beim Wichsen“ Schluss mit lustig und der anschließende Andrang bei Götzes Merchstand verriet, dass sein Auftritt beim Publikum enorm gut angekommen war. Freut mich, zumal er Preis gab im Herbst mal wieder in die Halle2 nach Hanau vorbeizuschauen.
Danach war für mich auch mal Zeit für eine kleine Auszeit und somit verschlief ich The Briggs, was mich sehr ärgerte und bekam auch von Naera nur die letzten Lieder mit. Brachialer Metalcore eben, der mir aber absolut nicht zusagte. Währenddessen kam es auf dem Campingplatz noch zu einer recht ausgedehnten Müllschlacht, wobei etliche Melonen, Grills und Raviolidosen die Seiten wechselten. Wer Lust hat, sich von dem Treiben ein eigenes Bild zu machen, kann einfach mal [hier] vorbeischauen.

Pünktlich zu den Real McKenzies wurde ich dann wieder fit und konnte mir das herrliche Abfeiern auf und vor der Bühne reinfahren. Schöne Show wie ich fand und cool dass man „Nessie“ und „Whiskey, scotch whiseky“ zum Besten gab. Die Vorliebe zu letzterem wurde mir dann auch von einem Festivalmitarbeiter aus dem Backstagebereich bestätigt, der scheinbar den ganzen Abend damit verbringen musste den richtigen Scotch für Sänger Paul McKenzie aufzutreiben.

Als Abschluss enterten schließlich Hatesphere aus Dänemark die Bühne, die in ihrem Land mittlerweile eine feste Instanz sind. Anspruchsvoller Metal, der aber nach einer Stunde heftigst anfing zu nerven. Egal, das Publikum fands herrlich, die Band scheinbar auch und mit „The coming of chaos“ und „Sickness within“ war (soweit ich mich erinnern kann) alles vorbei.

Fazit: Wie jedes Jahr ein sehr cooles Festival, bei dem aber wie zu erwarten aufgrund der Besucherzahlen ein wenig das familiäre Flair verloren ging. Das hatte sich zwar in den letzten Jahren schon abgezeichnet und somit dürften die Veranstalter im nächsten Jahr gut beraten sein für das Campinggelände limitierte Zelttickets auszugeben, die für 5 Euro mehr im Vorverkauf ergattert werden können. Damit würde das Gedränge zu Beginn eingedämmt und ein Desaster wie dieses Jahr könnte vermieden werden. Trotzdem sollte an dieser Stelle noch einmal ein Lob an die Veranstalter ausgesprochen werden, die (soweit ich weiß) alle ihre Arbeit ehrenamtlich erledigen und sich tagelang vor dem Start den Allerwertesten abarbeiten. Lange Rede, kurzer Sinn: Nächstes Jahr auf jeden Fall wieder!

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