Vor ihrem Konzert in den Frankfurter Hazelwood-Studios, hatte ich die Möglichkeit mit Caroline Keating über ihre Tour, über ihre Einflüsse und ihr hoffentlich bald erscheinendes Debütalbum zu reden. Nach dem Soundcheck, bei dem schon klar wurde, welch riesiges Potential in dieser Frau schlummert, nahm sie sich etwas Zeit und beantwortete geduldig alle Fragen.
Hallo Caroline. Schön, dass du dir etwas Zeit für uns genommen hast. Wie ist deine Tour bisher gelaufen? Genießt du es?
(Caroline entschuldigt sich, steht kurz von der Couch auf und geht zu zwei Personen, die sich direkt neben uns laut unterhalten. Sie bittet sie, in ihrer unglaublich netten Art, doch etwas leiser zu sein, da wir ansonsten die Aufnahmen später nicht mehr hören könnten)
Ich habe bisher vier Konzerte in der Schweiz und ein Konzert in Belgien gespielt. In Baden hatte ich einen Auftritt in einer Venue namens Herbert. Und nur deshalb bin ich eigentlich hier in Europa. Im Herbert hatte ich schon einen Auftritt während meiner letzten Tour. Mit den Leuten dort habe ich mich angefreundet und jetzt haben sie mich gefragt, ob ich denn wieder dort spielen will, weil sie die Venue leider schließen müssen. Es war quasi eine Goodbye-Show. Ich sagte dann, dass ich auch irgendwie für meinen Flug zahlen muss, aber dass das klappen wird, wenn noch ein paar Auftritte mehr dazu kommen würden. Das ist das zauberhafte daran ein unabhängiger Künstler zu sein. Du kommst immer dazu mit verschiedenen Indie-Venues zusammen zu arbeiten und vor allem auch mit Leuten, die an guter Musik interessiert sind und zwar der Liebe zur Musik wegen. Aber alles ist wirklich wunderbar bisher.
Beim letzten Auftritt in Frankfurt hat deine Mutter das ganze Geschehen zuhause von Kanada aus via Webcam verfolgt. Macht sie das heute wieder?
Oh, ihr seid auch beim letzten Auftritt in Frankfurt dabei gewesen und könnt euch an diese Sache erinnern? Das ist lustig. Beim letzten Mal ist die Verbindung irgendwann abgebrochen. Ich denke nicht, dass ich es heute nochmal machen werde. Das wäre dann zu viel, um das man sich vor dem Auftritt noch kümmern müsste.
Wenn ich mich an dein letztes Konzert in Frankfurt erinnere, war dieses fast ausverkauft. Ist es für dich ein komisches Gefühl, dass die Leute so zahlreich zu deinen Konzerten erscheinen und dir eigentlich nur positive Resonanz vermitteln, obwohl du nicht mal ein Album veröffentlich hast?
Es ist kein komisches Gefühl. Es ist eher ermutigend und fühlt sich wundervoll an. Ich habe ja eigentlich noch nichts zu bieten, außer den Demos, die ich nach den Konzerten verteile. Daher basiert bei mir gerade eigentlich alles auf den Live-Shows. Aber ich hoffe, dass ich im Sommer endlich mein Album fertig aufnehmen kann. Dann kann ich zurückkommen und den Leuten, die mir bisher so viel gegeben haben, endlich etwas zurückgeben.
Wie wichtig ist das Touren für dich? Ist es eher Stress oder genießt du es neue Leute und neue Städte kennenzulernen?
Dieses Mal bin ich eigentlich mehr auf eigene Faust unterwegs. Daher frage ich mich schon manchmal auf dem Weg von Stadt zu Stadt, wo ich denn überhaupt bin. Aber wenn man erst einmal bei der Venue ist, ist alles sehr freundlich und ich bin dann immer glücklich dort zu sein.
In deinem Blog hast du mal geschrieben, dass jede Stadt für dich einen eigenen besonderen Duft hat und du hast auch einige Beispiele genannt. Hat Frankfurt vielleicht auch so einen Duft?
Das stimmt. Florenz hat zum Beispiel den Duft einer sehr kultivierten Lady. Und in der Schweiz riecht es überall nach Weihnachten. Aber Frankfurt kann ich wirklich noch keinen Duft zuordnen. Dafür war ich leider bisher zu wenig in der Stadt unterwegs.
Das solltest du wirklich mal tun. Wie wäre es mit einem Spaziergang?
Ja, das sollten wir definitiv machen.
Du studierst Kunstgeschichte und bist sehr interessiert in Literatur. Inwiefern hat das einen Einfluss auf deine Musik?
Das stimmt. Ich studiere Kunstgeschichte in Kanada und habe auch ein Semester in der Schweiz verbracht. Wenn alles klappt mache ich nächsten Monat meinen Abschluss. Ich bin ein sehr visueller Typ. Viele meiner Einflüsse resultieren einfach daraus, dass ich Dinge und Personen beobachte. Das Studium der Kunstgeschichte hat mir daher auch einige gute Geschichten beschert. Bei Büchern ist das genauso. Ich lese viele Kurzgeschichten von kanadischen Autoren. Heute Abend habe ich zum Beispiel einen Song im Set, der viel von Alice Munro beeinflusst wurde.
Jan Wigger von Spiegel Online hat nach deinem Auftritt beim M for Montreal Festival eine äußerst positive Kritik über dich geschrieben. Er schrieb Sachen wie, dass du ein unglaubliches Talent hast und weltweiter Ruhm nicht mehr fern ist. Er hat dich auch mit Künstlern wie Regina Spektor oder Joanna Newsom verglichen. Haben solche Kritiken irgendeinen Einfluss auf dich? Fühlst du dich geschmeichelt? Und kümmerst du dich überhaupt darum, was andere Leute über dich schreiben?
Ich kenne diese Kritik und sie hat mir wirklich sehr geschmeichelt. Und ich bin schon irgendwie daran interessiert, was die Leute über mich schreiben. Ich habe mal das South-by-Southwest-Festival gespielt. Vorher wird immer eine Compilation mit Songs der teilnehmenden Künstler veröffentlicht. Ich sollte das eigentlich gar nicht erzählen, aber mein Song wurde als schlechtester Song der ganzen Compilation gewählt. Und sie schrieben, dass ich jemand sei, der mit zu vielen Gefühlen an einem Piano sitzt und Lieder singt. Und danach kam diese Kritik im Spiegel. Diese war dann der komplette Gegensatz. Aber eigentlich probiere ich einfach nichts zu lesen. Ich probiere das zu machen was ich mache. Manche Leute mögen es eben und manche nicht. Musik ist halt eine ganz subjektive Angelegenheit.
Macht es dir persönlich Druck mit so großartigen Künstlern wie Regina Spektor oder Joanna Newsom verglichen zu werden oder würde es dir besser gefallen, wenn die Leute sagen, dass du deinen eigenen einzigartigen Sound hast?
Den Vergleich mit Joanna Newsom habe ich etwas lieber, weil sie doch irgendwie anders ist als ich. Es gibt auch Gemeinsamkeiten. Aber sie ist wirklich ein Genie. Sie macht Extreme, die ich nicht mache. Ich höre auch gerne Regina Spektor und bin dankbar für ihre Musik. Sie war eine Motivation für mich überhaupt Musik selbst zu machen. Ich probiere aber dennoch mein eigenes Ding durchzuziehen. Wir spielen beide Piano und wir singen beide, deswegen ist es nicht schlimm, wenn jemand sagt ich würde sie kopieren. Aber ich bin noch so jung. Ich erwarte noch gar nicht meinen eigenen Sound zu haben. Das braucht sicher eine ganze Weile.
Jetzt kommt die Frage der Fragen. Wie steht es um dein Album?
Es ist in Arbeit. Wie du weißt studiere ich und daher war es hart mich Vollzeit auf das Album zu konzentrieren. Der Abschluss an der Universität ist mir schon enorm wichtig. Aber da ich jetzt den Abschluss bald in der Tasche habe, ist das Fertigstellen des Albums mein Projekt für den Sommer.
Das heißt Ende 2010 können wir damit rechnen?
Ja, das hoffe ich.
Was können wir von deinem Album erwarten? Bist nur du auf dem Album zu hören oder werden dich noch andere Musiker unterstützen? Denn auf der Bühne bist es schließlich nur du.
Ich glaube ich habe eine sehr gefühlsbetonte Live-Show. Ich packe alle meine Gefühle die ich habe dort rein. Aber wie gesagt, das passiert live und spontan. Und das ist das Schwierige beim Aufnahmeprozess. Ich will dieses magische von den Live-Shows irgendwie aufrechterhalten. Auf dem Album werden bei manchen Songs aber auch andere Musiker zu hören sein. Im Grund genommen versuche ich es aber so gut es geht auf das Wesentliche zu beschränken.
Werden die Demos, die du bisher auf deinen Konzerten rausgegeben hast, auch den Weg auf das Album finden?
Das ist die Frage. Ich hätte sie schon gerne auf dem Album. Aber ich müsste sie vielleicht nochmals aufnehmen. „Lusty Dusty“ und „Montreal“ sind gut so wie sie sind. Und „Billy Joel“ habe ich eigentlich auch sehr gerne. Vielleicht wäre es besser diese Songs überhaupt nicht mehr anzufassen und sie einfach so zu lassen wie sie sind. Aber sie sind eben etwas älter und es stellt sich die Frage, ob sie noch gut genug für das Album sind. Aber diese Entscheidungen fälle ich, wenn ich alle Songs fertig aufgenommen habe, um an Ende auch wirklich ein stimmiges Album zu haben.
Was für eine Erwartung hast du selbst an dein neues Album? Willst du vor großen Menschenmengen spielen oder präferierst du doch lieber die kleinen Clubs in denen du den Menschen näher sein kannst? Wie wichtig ist Erfolg generell für dich?
Natürlich ist Erfolg schon wichtig. Aber ich glaube ganz fest daran, dass man sich Erfolg hart erarbeiten und verdienen muss. Es ist auch klar, dass man nicht gleich einen Monat nach Albumveröffentlichung auf der großen Bühne steht. Ich finde es sehr wichtig in diesen kleinen Clubs zu spielen. Ich will alles langsam aufbauen. Es soll einfach ein natürlicher Prozess werden. Und ein Album macht es mir möglich Festivals zu spielen. Ich habe dann etwas Offizielles und nicht mehr nur meine Live-Show und meine Demos. Ich habe dann etwas Konkretes. Das ist toll.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Viel Spaß bei der Show.
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