Auf der Insel ist Wallis Bird schon ein richtig großer Fisch. Die 26-jährige Irin machte 2008 großflächig auf sich aufmerksam, als die größte Englische Tageszeitung Ihr Depeche Mode-Cover „Just can´t get enough“ für einen Werbespot einsetzte und ihrer Karriere damit einen unglaublichen Schub verpasste. Der Durchbruch gelang und mit „New Boots“ veröffentlicht die Folksängerin mit dem rauen Akzent nun ihren zweiten Langspieler.
In Deutschland hat sich Wallis bereits eine beachtliche Fanbase erspielt, die ab Mitte März auch wieder live von ihrem Liebling Nachschub bekommt. Wir sprachen mit der unglaublich sympathischen Musikerin, die im letzten Jahr den irischen Meteor-Award gewann (gleichbedeutend dem deutschen Echo oder den Brit Awards), über das Touren, Schicksalsschläge und natürlich auch ihr neues Album.
Hey Wallis, schön das dir die Zeit genommen hast mit uns zu sprechen. Von wo aus rufst du an?
Oh, im Moment bin ich bei Four Music (ihrem Plattenlabel) und somit in Berlin. Und wo seid ihr derzeitig? Telefoniert ihr über das Internet?
Nein, wir reden quasi über ein Handy und sind im Moment in Gießen, das etwa 70km von Frankfurt entfernt liegt.
Oh, Gießen? Klar, das kenne ich. Dort werden meine Gitarren hergestellt. Ich weiß nicht mehr genau die Adresse, wo sie hergestellt werden, aber ich kann mich durchaus noch an die Stadt erinnern. Schön zu hören.
Du hast ja Kurzem die Europatour im Vorprogramm von Rodrigo y Gabriela beendet. Wie war das für dich?
Es war unbeschreiblich. Einfach großartig. Wir sind durch ganz Europa gereist und haben vor wenigen Tagen unser letztes Konzert in Athen gespielt. Ich kann wirklich sagen, dass es einfach nur großartig war – richtiger Rock n Roll. Sie waren und sind eine immense Inspiration für mich und es hat mich wirklich gefreut, dass ich 20 Shows mit Ihnen spielen durfte. Ich hab mir sie ganze 18 Mal angeschaut und nur zwei Auftritte verpasst. Sie sind wirklich unfassbar gut. Wenn ihr sie noch nicht gesehen habt, dann holt das umgehend nach.
Was war denn im Nachhinein für dich das Highlight der Tour?
Oh, das ist eine ziemlich gute Frage. Für mich waren das eigentlich die Leute aus der Crew, mit denen man die ganze Zeit verbracht hat und natürlich die Tatsache, dass ich mir jeden Abend Rodrigo y Gabriela umsonst anschauen konnte, während viele Fans hunderte Kilometer gereist sind und viel Geld für die Shows bezahlt haben. Generell auch die Gespräche mit den Beiden und zu erfahren, woher sie ihre Inspiration beziehen und ihre Ideen nehmen. Sich mit so erfahrenen Musikern zu unterhalten, wenn man selbst einer ist, bringt einen wirklich ins Staunen und lässt einen sehr viel Inspiration mitnehmen.
Wie groß waren denn die Konzerte im Durchschnitt?
Die kleinste Show war glaube ich die in Athen vor 700 Zuschauern, da sie dort zum ersten Mal gespielt haben. Bei den meisten Konzerten waren eigentlich immer 2000 Leute da, während in London 5500 Zuschauer kamen. Einfach unglaublich.
Was für Vorteile hat es für dich, wenn du für eine derartig bekannte Band eröffnen darfst?
Oh, es hat eine Menge Vorteile. Die Möglichkeit, dass ich jeden Abend vor derartig vielen Leuten spielen darf, ist natürlich schon großartig genug. Aber zusätzlich war das Publikum von Rodrigo y Gabriela verdammt gut. Sie haben sehr freundlich zugehört und wussten meine Musik wirklich zu schätzen. Und sie sind verdammt gut abgegangen. Viele im Publikum waren Metalheads, die zu der Musik geheadbangt, gemosht, getanzt und geschrien haben. Und nunja, ich mag es einfach, wenn Leute mitsingen und tanzen.
Denkst du, dass sich in Zukunft vielleicht eine Zusammenarbeit mit ihnen auf musikalischer Basis ergeben wird?
Oh, das wäre natürlich großartig! Wir haben sogar ein wenig herumexperimentiert und dabei auch sehr viel Spaß zusammen gehabt. Aber ich denke, dass wir uns erst noch ein bisschen besser kennenlernen müssen. Ich wollte sie auf der Tour auch nicht mit so etwas belästigen, da Rodrigo y Gabriela sehr viel um die Ohren hatten und man deshalb auch einen gewissen Abstand halten möchte.
Dann lass uns doch noch ein wenig über deine Vergangenheit sprechen. Du hast insgesamt etwa 18 Monate in Deutschland gelebt und auch ein Semester in Mannheim studiert. Wie hat es dir da gefallen? Bist du gut mit deinen MitstudentInnen ausgekommen?
Oh, um ehrlich zu sein war ich kaum in der Uni. Ich habe mein Stipendium lediglich dafür genutzt, um einfach mal woanders hin zu kommen und etwas von der Welt zu sehen. Aber ich habe sehr viele nette Menschen kennengelernt und auch wirklich viel Spaß gehabt. Zudem liebe ich Mannheim, auch wenn es ein wirklich seltsamer Ort ist. Heidelberg ist ja in unmittelbarer Nähe, aber völlig anders. Mannheim ist eher working-class, worauf ich grundsätzlich aber wesentlich mehr stehe.
Scheinbar hast du die Zeit ja auch gut genutzt Kontakte in musikalischer Hinsicht zu knüpfen. Immerhin sind ja einige deiner Bandmitglieder aus der Region.
Ja, wir haben uns bei einem gemeinsamen Workshop kennengelernt, der in Bayern stattgefunden hat. Dabei waren insgesamt Studenten von 6 Universitäten aus ganz Europa eingeladen und dort habe ich auch Christian und seinen Bruder Michael getroffen, die quasi Mannheim vertreten haben. Zuerst habe ich Christian dort spielen sehen und war völlig überwältigt von seiner Musik. Erst später hat er mich dann eben seinem Bruder vorgestellt. Nun spielen sie in meiner Band.
Würdest du denn sagen, dass es in Deutschland leichter ist, musikalische etwas auf die Beine zu stellen, als zum Beispiel in Irland oder England? Immerhin hast du ja einen recht guten Einblick in die verschiedenen Musikmärkte bekommen.
Oh, das ist schwer zu sagen. Also ich schätze mal, dass es überall leichter ist als in England. Dort ist es wirklich schwer und hart für einen Musiker. Aber im Grunde genommen kommt es wirklich nur darauf an wie hart man an dem Arbeitet was man gerne macht. Wichtig ist einfach, nie aufzugeben. Aber generell würde ich sagen, dass es in Deutschland jetzt nicht unbedingt leichter oder schwerer ist, als irgendwo anders in der Welt.
Du sagtest einmal, dass du dir dein ganzes Leben lang Zeit für dein erstes Album genommen hast. Wie lange hast du dir dieses Mal für dein zweites Album Zeit genommen?
Also ich habe, nachdem mein erstes Album herauskam, ein ganzes Jahr lang getourt und zwischen 80 und 100 Konzerte gegeben. Anschließend hatte sich mein ganzes Leben geändert und zwei Jahre danach kam nun schließlich Album Nummer zwei heraus. Ich würde sagen, dass es ungefähr sechs Monate gedauert hatte, bis es fertig gestellt wurde.
Schreibst du die Lieder denn selbst, oder interagierst du dabei mit deiner Band?
Die Songs schreibe ich völlig alleine. Was die Musik angeht, habe ich im Vorfeld schon eine ungefähre oder genaue Idee im Kopf, wie es sich später anhören soll. Dadurch, dass ich auch einige weitere Instrumente spielen kann, kann ich der Band schließlich schon sagen, wie ich mir den Song schließlich vorstelle. Ich kenne meine Band nun schon lange und sie ist wirklich fantastisch. Ich komme einfach zu ihnen und frage: Könnt ihr es machen, dass es sich so anhört? Ich bin diesbezüglich schon ein wenig die Chefin (lacht). Nichtdestotrotz ist es gerade meine Band, die der Musik so viel Farbe einhaucht.
War der Einfluss der Band beim ersten Album ähnlich?
Ja. Also das müssen sie im Grunde genommen auch. Die Instrumente die sie spielen, sind ja Teile ihrer Seele. Und was sie spielen zeigt wie sie sind. Während die Art und Weise wie ich spiele auch zeigt, wie ich selbst bin. Deshalb ist es gerade wichtig, dass man auch zusammen spielt, um sich gegenseitig ein wenig zu beeinflussen. Ich versuche einfach so viel wie möglich auszuprobieren, da es mich selbst auch immens inspiriert.
Du hast vorhin kurz erwähnt, dass es für dich einige Veränderungen in deinem Leben gab. Schlagen sich diese Veränderung auch in dem Titel deines neuen Albums – „New Boots“ – wieder?
Ja, exakt. Die Jahre zwischen „Spoons“ und „New Boots“ waren nicht einfach für mich. Ich war sehr glücklich und innerhalb eines Monats wurde mein gesamtes Leben auf den Kopf gestellt. Dies hat dazu geführt, dass sich mein Blick auf mich selbst sehr verändert hat und ich musste mich geradezu zwingen wieder Songs zu schreiben. Ich habe eine enorme Schreibblockade erlebt, was mich sehr frustriert hat und musste mich quasi dazu zwingen, wieder glücklich zu sein. Nun bin ich mir sicher, dass man das aus dem neuen Album heraushören kann. Es ist sehr fröhlich, was aber wiederrum auch eine Menge Arbeit gekostet hat, da dies verlangt hatte dass ich selbst auch glücklich war.
Diesen Eindruck hat man wirklich. Die Lieder klingen wesentlich fröhlicher als noch auf „Spoons“, was verwirrend ist wenn man beachtet, wie schlecht es dir bei der Arbeit an „New Boots“ ging.
(lacht) Oh ja, ich bin gezwungener Weise glücklich gewesen. Ich muss auch sagen, dass sich meine Sicht auf das Leben sehr verändert hat. Ich bin der Meinung, dass ich wesentlich mehr politisch interessiert bin und in den letzten Jahren im Allgemeinen einfach wesentlich mehr meine Augen geöffnet habe. Ich habe viele neue Freunde kennengelernt, habe protestiert und mich in Umweltbelangen eingesetzt. Sozusagen bin ich aufgewacht und mir ist klar geworden, dass ich eine Stimme besitze. Jedoch nicht die Stimme als Musikerin, sondern die als Mensch. Das klingt jetzt zwar alles sehr hippiemäßig, aber ich bin einfach wesentlich lauter geworden, was meine Meinung angeht.
Denkst du, dass dem Hörer deines neuen Albums schnell klar wird in wie weit sich das Leben für dich geändert hat? Glaubst du ihm fällt auf, dass du dir etwas von der Seele schreiben wolltest?
Oh, das denke ich. Dass ich mir etwas von der Seele schreiben wollte, trifft es wirklich am Besten. Ich wollte mich einfach Ausdrücken, was sich vor allem darin gezeigt hat, dass ich im Studio völlig explodiert bin. All diese Gedanken und Gefühle haben sich aufgestaut und im Studio hatte ich schließlich die Möglichkeit alles heraus zu lassen. Und deshalb hört sich das Album auch so großartig und vor allem lebendig an. Ich bin auf jeden Fall sicher, dass man das hört. Meine Güte, ich habe da mein ganzes Herz ausgeschüttet – man muss es einfach hören! (lacht)
Deine Tour fängt im März an. Was sind denn bisher deine Erwartungen diesbezüglich?
Ich kann es wirklich kaum noch erwarten endlich wieder auf der Bühne zu stehen und freue mich schon wie verrückt einfach mal wieder komplett durchzudrehen. Das Publikum bei meinen Auftritten ist eigentlich immer sehr dankbar. Es wird viel mitgesungen und viele Emotionen werden gezeigt, was mich wirklich dazu treibt wieder auf Tour zu gehen. Immerhin ist das Tourleben für mich eigentlich mein zweites Zuhause geworden.
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