2010/12/18

[Interviews] The Gaslight Anthem

Der Dienstagabend steht ganz im Zeichen von The Gaslight Anthem. Die Durchstarter aus New Jersey lassen den letzten Tag ihrer langen Europatournee in der Bankenmetropole Frankfurt ausklingen, und wählen als Location des Grand Finales das Nachtleben an der Konstabler Wache. Bevor die Bühnenfähigkeiten der Band begutachtet werden konnten, hatten wir im Vorfeld die Möglichkeit mit Sänger Brian ein wenig über die Tour, musikalische Einflüsse und Vergleiche mit anderen Musikern zu reden. Das Ergebnis sieht wie folgt aus:

Benzol: Hallo Brian. Danke, dass du dir etwas Zeit für uns nimmst. Heute ist der letzte Tag eurer 
Tour. Was habt ihr den letzten Wochen erlebt und würdest du die Tour bislang als Erfolg betrachten?
Brian: Wir waren im September letzten Jahres schon einmal in Deutschland und haben nicht wirklich viel erwartet. Aber es waren eine Menge Kids da, die sich für uns interessierten. Und die jetzige Tour hat die Zahl der Konzertbesucher fast verdoppelt. Waren letztes Jahr noch fünfzig Leute bei einem Konzert, waren es dieses Jahr schon hundert. Wir hatten eine richtig gute Tour und sie definitiv als erfolgreich zu bezeichnen, weil wir ja nicht einmal ein richtiges Album draußen haben. Es ist cool, dass die Leute die unsere Konzerte schon mal besucht haben von uns erzählt haben und diesmal anscheinend ihre Freunde mitgebracht haben.

Benzol: Habt ihr genügend Zeit euch die Städte in denen ihr spielt anzuschauen, speziell hier Frankfurt, oder habt ihr keine Zeit für so etwas?
Brian: Von Frankfurt haben wir nicht viel gesehen, da wir eine lange Anreise von Bremen hatten. Aber normalerweise kommen wir morgens in einer Stadt an und versuchen das Stadtzentrum mit all seinen Sehenswürdigkeiten zu erkunden. Die letzte Tour war so vollgepackt, dass wir nicht viel zu Gesicht bekamen. Das ist diesmal jedoch anders, da die Entfernungen zwischen den Konzerten nicht so groß waren. Es war sehr interessant für uns etwas über die deutsche Geschichte zu erfahren und natürlich auch über die der anderen europäischen Länder in denen wir waren.

Benzol: Nicht jeder hat die Chance so wie ihr herumzureisen, neue Leute und eine Menge Länder und Kulturen kennenzulernen. In welcher Weise nutzt ihr dieses Privileg für euch? Und wie beeinflusst es das Songwriting der Band?
Brian: Es beeinflusst auf jeden Fall. Es ist wie ein Topf voller Geheimnisse, und niemand wird je davon erfahren. Wenn ich jemandem erzähle, was wir auf unserer Tour alles erlebt und gesehen haben – ich glaube nicht, dass derjenige mich dann verstehen würde, es sei denn er hat dasselbe erlebt. Es ist wie ein Geschenk was du bekommst, was nicht jeder hat, und du willst keinem etwas davon erzählen. Manchmal ist die ganze Sache zu groß, um sie zu verstehen. Viele Leute bleiben ihr ganzes Leben in ihrer Heimatstadt, und sie kennen ihre Heimatstadt bis ins Detail. Aber in unserer Situation ist das was du erlebst manchmal zuviel für unsere Köpfe. Du realisiert, dass du selbst nicht so wichtig bist, da es noch so viele andere Menschen und so viele andere Kulturen gibt und vor allem, dass deine Art zu leben nicht richtig oder falsch ist, es ist einfach nur anders. Es ist interessant zu sehen wie klein ein Mensch in dieser Welt eigentlich ist. Und das gibt dir ein gewisses Gefühl von Bescheidenheit und du denkst nicht, dass du etwas Besonderes bist weil du in einer Rock n Roll Band spielst.

Benzol: Wie hat sich die Band untereinander kennengelernt?
Brian: Wir kennen uns von anderen Bands die in der Szene in New Jersey unterwegs waren. Wir haben immer die gleichen Shows gespielt und so lernt man sich kennen, da die Szene in New Jersey auch nicht eine besonders große ist. Ein Freund von uns brachte uns zusammen. Er wusste, dass ich eine neue Band mit Alex (Bassist) gründen wollte und er brachte uns dann mit Benny (Drummer) zusammen. Und Benny kannte dann den anderen Alex (Gitarre). So kamen wir letztendlich zusammen. Es funktionierte gleich prima und ich glaube, dass nur wenige Bands wie wir so zusammengefunden haben. Wir können glücklich damit sein.

Benzol: Im Internet habe ich ein Review zu eurem Album gefunden und dort stand geschrieben, dass wenn ihr ein bisschen weniger Kanten hättet und ein bisschen poppiger klingen würdet, sehr Billy Talent ähneln würdet und daher Millionen Platten verkaufen könntet. Was hältst du von dieser Meinung?
Brian: Mir sagt der Name etwas, aber ich habe noch nie deren Musik gehört. Aber wir haben uns immer als eine Art Geheimtipp betrachtet. Ich weiß nicht, ob ich berühmt werden will…

Benzol: …ihr wollt also nicht vor zehntausenden von Leuten spielen?
Brian: Das kann schon cool sein. Wir spielen das Leeds und Reading Festival, und dort spielen wir vor vielen Menschen. England ist eine große Sache für uns und es ist unsere erste Tour dort…

Benzol: Habt ihr Pläne zurück nach Deutschland zu kommen?
Brian: Wir kommen für drei Gigs im August zurück nach Deutschland. Aber um noch mal auf das Berühmtsein zurück zu kommen. Wir haben niemals probiert Songs zu schreiben um berühmt zu sein. Wenn wir dadurch berühmt werden ist es in Ordnung. Aber ich würde nie etwas gezielt tun, um uns berühmt zu machen. Denn das ist eine gefährliche Sache, da du nicht ehrlich mit dir selbst und mit deinem Publikum bist. Es ist einfach nicht fair. Es ist wie in der Schule. Wenn die Kinder dich mögen für das was du bist, dann ist das eine tolle Sache. Dann sind sie deine richtigen Freunde. Und das ist dasselbe bei den Hörern unserer Musik

Benzol: Kannst du uns was von eurem bald erscheinenden Album „The 59 Sound“ erzählen? Und was hat der Albumtitel zu bedeuten?
Brian: Das ganze Album ist beeinflusst von Musik aus den 50er und 60er Jahren. Die Art wie wir es aufgenommen haben und auch die Amplifier die wir benutzten waren ziemlich alt. Auf vielen Alben heutzutage hört man sehr laute Gitarren. Wir haben das Equipment etwas abgerüstet und aufgenommen als ob wir in den 50er Jahren wären. Daher kommt der Name.

Benzol: Welcher Künstler oder welche Band beeinflusst dein Songwriting?
Brian: Gerade jetzt sind es Künstler wie James Brown oder Sam Cook. Eben diese älteren Soulkünstler. Aber sonst eigentlich immer Bruce Springsteen oder Tom Petty. In Canada gibt es eine Band namens The Constantines. Diese Band wird meiner Meinung nach in Zukunft mitbestimmen in welche Richtung das Songwriting geht. Sie haben keinen direkten Einfluss auf unsere Band, aber immer wenn ich deren Lieder höre bin ich höchst beeindruckt. Ich wünschte ich könnte Lyrics wie die dieser Band schreiben. Es sind Lyrics von verschiedenen Perspektiven. Der Sänger hört sich an wie ein Großvater der zu seinem Kind spricht. So voll von Weisheit. Also von dem Sänger von The Constantines bin ich wirklich beeindruckt.

Benzol: Hast du irgendwelche Menschen die dir in deinem Leben als Vorbild gedient haben?
Brian: Ich würde sagen Menschen wie Tom Waits. Sie sind nie verrückt geworden oder abgehoben und man hat nie von ihnen in den Klatschspalten gelesen. Sie hatten nie Überdosen an Drogen oder zehn verschiedene Ehefrauen. Sie waren ganz normale Typen, die aber Erfolg hatten. Und in diese Kategorie wollen wir auch irgendwie kommen. Wir wollen, dass egal wie groß wir mal eventuell werden, unsere Fans sagen: „Ein Teil von dieser Band gehört mir“. Das ist verdammt wichtig. Und bei Tom Petty oder auch Bruce Springsteen ist genau das der Fall. Wenn du ein Album von diesen Künstlern anhörst, dann spricht der Künstler zu dir und nicht zu irgendjemandem. Es wäre toll wenn wir auch dort hinkommen könnten.

Benzol: Erzähle uns ein bisschen was von der Musikszene in New Jersey. Die Bouncing Souls kommen auch aus dieser Ecke. Ich nehme an, dass es sich um eine ziemlich aktive Szene handelt.
 Brian: Ja, sie ist superaktiv. Eine Menge guter Bands kommen aus dieser Ecke. Viele bekommen jedoch einfach keine Shows. (Ein Polizeihubschrauber kreist über uns und Brian schaut wegen dem Lärm verwundert nach oben)

Benzol: Hast du irgendwelche musikalischen oder persönlichen Pläne für die Zukunft auch in Hinsicht auf das neue Album?
Brian: Wir werden auf jeden Fall sehr viel zum neuen Album touren. Ich hoffe die Leute werden es mögen. Wir finden es klasse. Wir haben es gemacht, weil wir es machen wollten. Manche sagen, dass Album sei kompletter Müll aber viele sagen wieder rum, dass wir damit berühmt werden. Ich weiß nicht, ob es so kommen wird. Es fühlt sich jedoch gerade so an, als ob sich etwas verändert. Es ist ein komisches Gefühl und wir hoffen, dass sich nicht allzu viel verändert.

Benzol: Super, damit wären wir auch schon am Ende des Interviews angelangt. Vielen Dank, dass du dir so kurz vor dem Auftritt noch die Zeit für uns genommen hast. Weiterhin viel Erfolg und viel Spaß heute Abend.
Brian: Gerne geschehen. Ich habe zu danken. Euch auch viel Spaß heute Abend.

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