2010/12/14

[Konzerte] Modest Mouse - 18.06.2004 - Support: Marjorie Fair - Prime Club/Köln

Mai 2004. Seisomographen verzeichnen in der Region um Frankfurt ein mittelschweres Erdbeben. Grund für die Erschütterung war, dass ich vor Freude an die Decke gesprungen bin und bei meiner nicht ganz sanften Landung die Erddrehung aus der Bahn geworfen hab. Modest Mouse kommen im Juni nach Deutschland, eines ihrer drei Konzerte sogar im Kölner Primeclub (sprich: In relativer Nähe zu Frankfurt). Für mich gab es keinerlei Diskussionen. Da muss ich hin, zur Not auch alleine.
Koste es was es wolle. Die letzte Tournee von denen hatte ich zwar wahrgenommen, doch im Jahre 2001 war es mir anscheinend nicht wichtig genug für diese Gruppe in die Centralstation nach Darmstadt zu gurken. In den vergangenen drei Jahren trat ich mir bei der ein oder anderen Gelegenheit schon mal selbst in der Arsch, dass ich mir diese Chance hatte entgehen lassen. Als ich dann noch irgendwann einmal zufällig über ein Interview der Band stolperte, in dem der Sänger unter anderem sagte, dass Europa nicht unbedingt sein Lieblingskontinent sei, und dass er viel lieber in den USA spielen wolle, hatte ich schon mit dem Kapitel "Modest Mouse live" abgeschlossen. Umso grösser die Freude als ich auf meinen endlosen Internetstreifzügen über diese Konzertdaten stolperte.

Ein weiterer Recke und Konzertbegleiter war schnell in Person des Mo's gefunden, der zwar einen nullinger an Liedern von denen kannte, aber soweit aufgeschlossen war, dass er einfach mal mitkommen wollte.
Der Konzerttag rückt immer näher, die Vorfreude steigt und endlich ist es soweit. Ich habe mich als Fahrer bereiterklärt, und da wir ja sowieso nur zu zweit unterwegs sind, stellt dieses Unterfangen auch keinerlei Probleme für meinen Pick-Up dar. 15 Uhr ist ausgemacht gewesen, um halb drei stehe ich beim Mo in Hanau auf der Matte, zum Glück ist er schon fertig, holt noch schnell seine Karte und los geht's.

This truckers atlas roads the ways
the freeways and highways don't know
The buzz from the bird on my dash
Road locomotive phone

Bevor wir auf die Autobahn gefahren sind, haben wir noch die obligatorischen "Road-Trip" Erledigungen im Stile "Snacks und Sprit für die ganze Bande" erledigt und nebenbei die gesamten "Wunderbar" Bestände der Tankstelle aufgekauft (hihi, es war nurnoch einer da). Geilgeilgeilgeil. 200 KM Autobahn, der Rest ergibt sich. A66, A45 und schliesslich die A4, so war der Plan, so wurd's gemacht. Um ein bisschen Sprit zu sparen, schnurrt der Skoda höchstens 120 und fährt ziemlich gut damit. Wir schlängeln uns durch Berglandschaften, passieren riesige Windmühlen und sonnenbeschienene Hänge. Flankiert von einer schier endlosen Anzahl von Strommasten. Den Soundtrack liefert "Modest Mouse", "The Offspring" und jede Menge andere Bands, die auf einer meiner MixMp3-CDs vertreten sind.

Einen kürzeren Stau und knappe zwei Stunden nach unserer Abfahrt in Hanau, gelangen wir in Köln an und begeben uns auf die Suche nach der "Luxemburger Strasse", in der sich der "Prime Club" befinden soll. Easy Job. Haben wir zumindest gedacht. Ich hatte mir zu Hause schon mit meinem Vater einen etwas umständlich zu bedienenden Stadtplan von Köln angeguckt und wusste zumindest die ungefähre Richtung, in die wir zu fahren hatten. Köln-Porz. Einige schlechte Witze über den Stadtteilnamen und meisterliche Verrenkungen um den Stadtplan richtig aufzufalten später, fanden wir uns in einer Gegend von Köln wieder, in der Industriegebiete und ekelhafte Wohnblocks das Stadtbild regieren. Ghetto Marke Sigmund-Freud Strasse in Eckenheim. Zwischen Mülltonnen, Kopftuchmuttis und Satellitenschüsseln, die Barbara Salesch an den "Trailer Trash" senden, standen wir beide ganz schön blöd da. Schliesslich fiel dem Mo auf, dass es in Köln mindestens zwei Luxemburger irgendwasse geben musste. Das Dumme daran war jedoch, wir befanden uns im Planquadrat "o2" und mussten irgendwie nach "k". Egal, irgendwie schaffen wir das schon. Auf dem Weg zu "K" fing uns noch ein kleines rotes Schild mit einem goldenem M und das dementsprechende Schnellrestaurant ein. Nach ausreichend Cheeseburger gings weiter in Richtung Uni-Köln. Man soll es kaum glauben, aber wir kamen so gegen halb sieben, tatsächlich an der Uni an. Jetzt nurnoch hoffen, dass wir hier richtig sind. Hehe. Rund um die Uni scheint sich ein Gebrauchtwagenmarkt gebildet zu haben, und die potentiellen Käufer bzw. Verkäufer aus fremden Ländern gabs gratis dazu. Schön.
Wieder einmal die Erwartungsgemässen Orientierungsprobleme, diesmal bereits "per pedes". Mein Auto wartete abseits in ner Nebenstrasse und bewunderte den Park. Wir hatten uns jetzt, an einen letzten Strohhalm klammernd immer an einen "Luxemburger Wall" orientiert, als wir die Gasse erreichten entgleisten und ruck-zuck die Gesichtszüge. Öh, hier sind ja nur Studentenwohnheime und ein Bahnhof. Geil. Noch ein Stückchen weiter und wir standen an ner richtig breiten Strasse, die per Schild lauthals anpries, dass sie die "Luxemburger Strasse" sei. Juhu. Hausnummer 84 und zur 40 mussten wir. Na also, es geht doch. Schnell wieder zum Auto zurück, alle wichtigen Sachen mitgenommen bzw. dagelassen und wieder zurück, schnell noch unter der Eisenbahnbrücke durch und schon waren wir da. Wir waren relativ früh, zehn nach sieben. Ich stürmte ne Dönerbude und ich zitier wieder mal Modest Mouse "And if it takes shit to make bliss, I feel very blissfully". So viel dazu.
Die letzten Minuten Wartezeit versüsste uns ein ziemlich besoffener Mann, der Randale machte und die Erkenntnis, dass es in der Kölner Innenstadt ein Autohaus namens "Furzer" gibt. Gegen 20 Uhr öffneten sich die Türen und ich war ziemlich überrascht, wie klein der Club ist. Noch war es sogar richtig leer, es tummelten sich vielleicht 30 Leute vor der Bühne und an der Bar. Ich jettete gleich zum Merchandisingstand und deckte mich mit einem neuen "Modest Mouse" Shirt ein, da mein altes mittlerweile nicht nur ausgeleiert sondern auch noch vorne drauf ein Mottenloch hat. Okok. Ein bisschen Smalltalk mit nem Italiener, dem ich bereits vor draussen ein Päckchen Streichhölzer gegeben hatte und um neun gings dann auch oberpünktlich mit Marjorie Fair los. Was wäre diese Gruppe ohne Effektgeräte. Insgesamt "Coldplay" mit Folkeinschlag. Keine schlechte Mucke, nur wollte ich eigentlich nicht schlafen auf dem Konzert, Chillfaktor +20. Also eher unangebracht als "Anheizer". Um viertel vor zehn hörten diese guten, wenn auch schnarchigen Gesellen auf zu zocken und wünschten den mittlerweile vielleicht 100 Besuchern "fun with Modest Mouse. Um zehn gings mit "Third Planet" los und ich fühlte mich gleich zu Hause. Das Publikum hüpfte, sang mit und feierte einfach, dass die Jungs es nach Deutschland geschafft haben. Ohne sich jetzt irgendwie als Studentekopp outen zu wollen, aber so ne positive Atmosphäre, zu der die Band, ihre Songs und das Publikum beigetragen haben, hab ich selten gesehen. Fett. Einziger Wermutstropfen waren die regelmässigen Rückkopplungen, die bei denen aber wohl standardmässig bei Konzerten (wenn man diversen Bootlegs lauscht) zur Show dazugehören.
Abgehen deluxe. Und nach drei Zugaben ("Broke","Never Ending Math Equation" und "The Good times are killing me") war Zapfenstreich, das Licht ging an und wir nach draussen zurück zum Auto.

Soon the chain reaction started in the parking lot
Waiting to bleed on the big streets
That bleed out on the highways and
Off to others cities

So ähnlich sah die Rückfahrt auch aus. Ausser einem kurzem Zwischenstopp an der ersten hessischen Tankstelle passierte nichts mehr. Und um kurz nach zwei war ich wieder zurück in Dörnigheim. Um es mal mir Mo's Worten zu sagen: "Das war das Beste kleine Konzert, was ich jemals gesehen hab". Da hat er Recht.

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