2010/12/14

[Konzerte] Southside Festival - 23.06. bis 25.06.2006 - Neuhausen ob Eck

Wenn man sich das Lineup des diesjährigen Southside-Festivals im Süden Deutschlands angeschaut hat, musste man eigentlich nicht zweimal überlegen dorthin zu gehen. Und eines kann man mit gutem Gewissen festhalten: Es war fett, sehr fett - und zwar in fast allen Belangen. Meine Damen und Herren, bringen sie ihre Sitze in eine aufrechte Position, schnallen sie sich an und begleiten sie mich auf der Reise durch 4 Tage der Extreme! 

Die Reisegruppe aus Hanau/Gießen/Mainz machte sich am Donnerstag auf den Weg in das Rund 400km entfernte Neuhausen ob Eck, ein kleines Kaff in der Nähe von Tuttlingen. Nachdem man das Warten in der Schlange zum Parkplatz mit einigen Frisbee- und Fußballspielereien überbrückt hatte und man schließlich seinen finalen Parkplatz zugewiesen bekam, konnte man sich mit Sack und Pack in Richtung Campinggelände machen. Jedoch stellten sich die 2(!) Eingänge für 40.000 Campingfreunde als etwas schlecht kalkuliert heraus und so konnte man sich gepflegt die Beine in den Bauch stehen, bis man letztendlich das Gelände betreten konnte. Nebenbei sollte der Vollständigkeit halber erwähnt werden, daß jeder Besucher beim Betreten auf Glasflaschen kontrolliert wurde, die auf dem Campingplatz verboten waren, was natürlich den gesamten Vorgang noch weiter in die Länge zog. Nach einer mehr oder weniger gechillten Nacht begann dann für uns Tag 2 uns somit der offiziell erste Tag des Southside-Festivals.

Die erste Band, die ich am Freitag anschauen konnte, war auch zugleich die erste Band die am Festival aufspielte. The Boozed aus Bramsche machten endgeilen Rock n Roll und das kleine Konzertzelt war in Minuten gut gefüllt und selbst die Band war über so viel positive Resonanz total aus dem Häuschen. Ein sehr guter Einstand zum Festival und somit ging es gut gelaunt weiter zu The Sounds, bei denen die Frontfrau Maja Ivarsson mit Beine-spreizen die Gunst des Publikums zu erhaschen versucht. Mir gefiel der Auftritt jedenfalls - obs an der Frontfrau lag mag jetzt einmal dahingestellt sein.

 
Anschliessend kam schon einer der Gründe für mich, warum ich mich überhaupt zum Tochterfestival des Hurricanes gemacht hatte: The Kooks betraten die Bühne, lieferten ein extrem unterhaltsames Set ab und spielten unter anderem Hits wie "Seaside", "Ooh la", "Sofa Song" und "See the world". Anschließend noch ein paar Minuten von Death cab for cutie angeschaut - für mich nicht wirklich überzeugend und deshalb ging es schleunigst in Richtung von Mando Diao, die auch wieder einmal zu überzeugen wussten und die üblichen Knaller im Programm hatten. Danach lieferten die Hives als erfolgreichster schwedischer Exportschlager des Tages wie immer ein fulminantes Set ab und brachten die Menge zum Kochen. Für mich auf jeden Fall der beste Aufrtitt des Tages. 

 
Es bedurfte einer längeren Umbauphase ehe der angekündigte Headliner des Abends die Bretter der Green-Stage betreten sollte: The Strokes. Sie hatten zwar mit "Reptilia", "Juicebox", "Hard to explain" und vielen anderen Hits auf jeden Fall eine ansehenliche Setlist gehabt, jedoch wurde ich das Gefühl nicht los, daß die Truppe um Julian Casablancas in Clubs besser aufgehoben ist, als auf einem Festival vor 40.000 Leuten. Vielleicht auch der Grund, warum sie auf dem Hurricane-Festival mit einem Mikrofonständer eine Kamera, die für die Liveübertragung ihres Konzertes eingesetzt war zertrümmerten und somit einen Schaden von 100.000 Euro anrichteten. Trotzdem wars mal ganz angenehm, sich die Lieder, die man sonst nur von Platte kennt auch mal live reinzufahren.

Am Samstag ging es gleich um 13.30 Uhr wieder vor die Bühne und zwar in diesem Falle zu dem Grund, warum ich an diesem Tage das Festivalgelände aufgesucht hatte: Gogol Bordello, die Band aus New York die sich dem ungarischen Zigeunerpunk verschrieben hat, hatte ihr Erscheinen angekündigt. Eine verdammt geniale Show erwartete die Besucher und diese wurde mit Liedern wie "Sally" oder "Immigrant Punk" in Stimmung versetzt. Zwischenzeitlich enterten 2 asiatisch anmutende Tänzerinnen die Bühne und heizten dem Publikum noch weiter ein. Das Zusammenspiel aus Gitarre, Akkordeon, Geige, Saxophon und Schlagzeug funktionierte brilliant und an diesem Samstagmittag dürfte die Truppe einige neue Anhänger dazugewonnen haben - sehr sympatische Band! Im Anschluss fand ich mich vor der Green-Stage ein, wo bereits Billy Talent auf mich warteten und konsequent das gleiche Set wie in Neu-Isenburg im Gepäck hatten. Folglich werde ich auf ihren Auftritt im Einzelnen nicht weiter eingehen, jedoch fiel bei ihnen zwischenzeitlich der Strom aus, was aber der guten Stimmung keinen Abbruch tat und die Band in der stromlosen Überbrückungszeit einfach mit Sprechchören abgefeiert wurde. Hier kamen auch erstmals die an den Seiten postierten Feuerwehrautos zum Einsatz, die über das ganze Wochenende hin verteilt die Zuschauer während der unerträglichen Hitze regelmäßig abkühlten - manchmal wurde der Strahl jedoch relativ unvorteilhaft auf einzelne Personen gerichtet, die dann auch ruck zuck von der Bildfläche verschwanden.

 
Danach gönnte ich mir erstmals eine kleine Pause und schaute mir von der Seite aus "The Cardigans" mit der durchaus charmanten Sängerin Nina Persson an. Cooler Auftritt, sehr schicke Lieder und den Zuschauern um mich herum gefiel es auch merklich, wobei das Augenmerk der meisten jedoch eher auf die Frontfrau gerichtet war. Im Anschluss ging es direkt rüber zu den Eagles of death metal, die ohne Josh Homme auftraten, trotzdem aber ein sehr cooles Set spielten und die wenigen Zuschauer die sich noch vor der Bühne befanden durchaus zufrieden stellen konnten. Die Mad Caddies und Lagwagon verschlief ich letztendlich neben der Bühne, war jedoch nach einer kleinen Party am Zeltplatz wieder rechtzeitig zu Muse um 23.30 Uhr auf der Hauptbühne fit. Ähnlich wie bei den Strokes konnte man hier eine extrem geniale Lichtshow bewundern und der Headliner wurde seiner Rolle an diesem Abend durchaus gerecht. Die zahlreich angereisten Muse-Fans gingen schön mit, obwohl ich persönlich kein überzeugter Fan der Band aus England bin, habe ich mir - tapfer wie ich bin - 4-5 Lieder der Band angeschaut. War einfach zu geschlaucht vom Vor- und Nachmittagsprogramm und wollte mir das Zurücklaufen im Pulk nach dem Konzert einfach ersparen.

Der Sonntag sollte in jeder Hinsicht der ereignisreichste Tag sein, wenn auch die Bands an diesem Tag auftreten sollen nicht alle zu meinen Favourites zählten.
Um halb 3 schaute ich mir als erste Band Nada Surf an, die mir ja schon auf Platte extrem gut gefallen, aber live noch eine ganze Ecke besser sind. Gespielt wurden unter anderem "Hi-speed soul", "Concrete Bed" und "Blonde on blonde". Super genialer Auftritt und sicherlich einer der Highlights des Festivals. Als nächstes schleppte ich mich direkt rüber zu den Raconteurs mit White Stripes Frontman Jack White und seinem Kumpel Brendan Benson. Eigentlich ganz nett, aber so direkt nach Nada Surf und ihrem grandiosen Auftritt konnten mich die Raconteurs nicht wirklich vom Sockel hauen.

 
Die Hitze war zu diesem Zeitpunkt immer noch völlig unerträglich und ich suchte auf dem ganzen Festivalgelände irgend einen Schutz im Schatten, der sich jedoch nich finden ließ, da manche Besucher sogar unter dem Kameraturm und den zahlreichen Fressbuden und LKWs versteckten. Folglich musste ich mich auf den Drum-Turm zwängen und mir von dort den Auftritt von Hard-Fi anschauen. Meines Erachtens nach der vom Gesang schlechteste Auftritt des ganzen Festivals. Die Briten lieferten ein Paradebeispiel dafür ab, wie erfolgreich ein ordentlicher Produzent eine verkorkste Stimme auf einem Album noch gerade biegen kann. Einziger Freudenpunkt waren mal wieder die Feuerwehrautos, die mich in sekundenschnelle zu einem klatschnassen Sack verwandelten, was mir aber mehr als gelegen kam, da der einzige Wasserspendeautomat auf dem Festival für 40.000 Besucher an diesem Tag gesperrt wurde (vielleicht auch, um den Zuschauern 2,50 für mit Wasser gestrecktes Bier aus der Tasche zu ziehen). Als nächstes standen die Arctic Monkeys auf dem Programm. Der Aufritt der Überflieger aus Sheffield konnte meine Stimmung wieder schnellstens heben: Die üblichen Hits wie "Dancing Shoes", "The view from the afternoon", "I bet that you look good on the dancefloor", "Still take you home" und auch 2 neue Lieder wurden gespielt und verwandelten wie auch schon bei vielen Bands zuvor den staubigen Boden vor der Bühne in eine riesige Sandwolke. Der neue Bassist fügte sich perfekt ein und schien zeitweise auch seinen Spaß zu haben. Könnte ruhig so mit ihnen weiter gehen. Direkt im Anschluss hatte ich dann noch das Vergnügen die 3 sympatischen Nordlichter von Fettes Brot zu sehen, die auf der Mainstage eine riesige Party veranstalteten. "Schwule Mädchen", "Emanuela", "Fast 30", "An Tagen wie diesen", "The Grosser", "Was in der Zeitung steht", ein geniales Clash-Cover "Hamburg Calling" und noch viele weitere mehr oder weniger aktuelle Hits wurden abgespult. Die Menge tanzte sich die Füsse wund und dem 3er aus dem hohen Norden schien es ebenfalls mächtig zu gefallen.

Anschließend sollte es interessant werden. Bei dem Aufritt von Tomte verdunkelten sich bereits beim vierten Lied die Wolken und ein mächtiger Sturm rollte heran. Von Weitem konnte man bereits sehen, wie verschiedene Gegenstände, die sich auf den Campingplätzen befanden durch die Luft geschleudert wurden und so gut wie jeder Pavillion durch die Luft segelte. Auf der Hauptbühne wurden bereits die ersten Videoleinwände heruntergefahren und als bei Tomte Boxen von der Bühne fielen und die Wand hinter ihnen völlig eingerissen war, mussten die Jungs ihren Auftritt abbrechen. Die Zuschauer rannten in einem riesigen Mob zu ihren Zelten, um zu retten, was noch zu retten war. Wir hatten Glück im Ungluck, da unsere Wertsachen noch an Ort und Stelle waren, während das Zelt schrottreif war. Nachdem wir den Rest zum Auto gebracht hatten wurde einem das Ausmaß des Sturms bewusst: Dixie-Klos waren [ umgefallen ], viele Begrenzungszäune zum Festivalgelände völlig eingerissen und das gesamte Campinggelände glich einem einzigen Schlachtfeld.

 
Die Stimmung war nun auf dem Siedepunkt und völlig beschwingt von dem Zwischenfall sammelte sich spontan eine Gruppe aus etwa 300 Festivalbesuchern und rief dazu auf, im Kollektiv seine Zelte zu verbrennen. Dazu suchte man sich an einer Stelle auf dem Campingplatz den Pisswürfel aus und schleppte dorthin alles an, was nicht mehr zu verwerten war: Zelte, Pavillions, Stühle und Grills wurden gesammelt und in Brand gesteckt. [ Hier ] und [ hier ] gibt es 2 Videos zu dem ganzen Schauspiel. Zwischendurch wurde noch ein riesiger Circle-Pit um den Brand gestartet, bis Feuerwehr und Polizei eintrafen, um die aufgebrachte Menge zu beruhigen und das Feuer zu löschen. An einer anderen Stelle wurde bei den Wohnmobilparkplätzen ein Sofa angezündet, was ebenfalls die Feuerwehr auf den Plan rief, die an diesem Tag auch aufgrund der 10 Verletzten durch den Sturm einiges zu Tun hatte. An diesem Tag hätte das Festival Southside sicherlich eher den Namen Hurricane tragen sollen.

In der Zwischenzeit gaben Maximo Park ein kleines Akustik-Konzert vor einigen wenigen Zuschauern, die noch vor den Bühnen verharrten. Viele traten bereits aus Wut über ihre verlorenen Zelte und die nicht ausgesprochene Sturmwarnung den Heimweg an. Auf dem Konzertgelände versammelte sich zu diesem Zeitpunkt eine riesige Menschenmenge, um mit einigen Zelt- und Pavillionstangen ein riesiges Konzert zu veranstalten, was auch von den Securities größtenteils toleriert wurde. Auch Glas und Plastikflaschen konnten nun problemlos zu den Konzerten mitgenommen werden, denn mittlerweile schien das Augenmerk eher auf die Instandsetzung der Bühnen, die zwischenzeitlich unter totalem Stromausfall litten, an erster Stelle zu stehen.

 
Tomte und Seed spielten ihr Set zu Ende und bevor man in den Genuss von Maximo Park kommen konnte, musste man sich schließlich noch eine circa 40 Minuten lange Umbauphase mit endlos langen Mikrofonchecks über sich ergehen lassen. Lustig nur, daß dann beim ersten Lied "Graffiti" ausgerechnet das Mikrofon zu Beginn nicht wollte. Das Publikum wurde anschliessend unter anderem noch mit Liedern wie "Apply some pressure", "The night I lost my head", "Now I´m all over the shop", "The coast is always changing" und einigen neuen Hits beglückt. Da die Band nun ordentlich Zeit hatte und sie auch die letzte auf der Blue-Stage für diesen Abend war, gab man noch eine ganze Menge Zugaben, ehe man sich von der Bühne verabschiedete.

 
Direkt im Anschluß machte noch Manu Chao mit seinem Radio Bemba Sound System bis um halb 2 morgens Stimmung und ich habe selten eine derartig große Menschenmasse abzappeln gesehen.Hammerhart.

Fazit: Das beste Festival auf dem ich bis jetzt war. Absolut astreines Wetter, verdammt geile Bands und ein sehr ereignisreicher und spaßiger Sonntag. Nächstes Jahr auf jeden Fall wieder!

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