2010/12/16

[Konzerte] PhonoPop Festival - 09.07, bis 10.07.2010 - Opel Werke/Rüsselsheim

Im Rhein-Main-Gebiet sind prächtige Festivals eher rar gesät. Eine positive Ausnahme ist da das Phono Pop in Rüsselsheim. In diesem Jahr gab es ein Phono Pop Auswärtsspiel in den Opelwerken. Die angestammte Location in der Festung musste verlassen werden, aber die Opelwerke stellten mehr als einen adäquaten Ersatz dar. Vor allem der Industriecharme des Geländes  und die künstlerisch beleuchteten Gebäude geben diesem Festival das gewisse Flair. Wie auch schon in den Jahren zuvor haben die Organisatoren vollkommen ins Schwarze getroffen, was das Musikalische anging. Es wurde eine gelungene Mischung aus Newcomern und etablierten Bands dargeboten.

Der erste Festivaltag begann mit Urlaub in Polen und Health. Letztere hatten einige Technikprobleme. Trotzdem kam ihr experimenteller Noise-Rock gut beim Publikum an. Wild ging es auf der Bühne zu, aber die Zuschauer übten sich noch in geduldiger Zurückhaltung. Das wirklich Positive am Phono Pop ist, dass es zu keinerlei Überschneidungen kommt und die Wege zwischen den Bühnen sehr kurz sind. So konnte nach Health auch gleich Trip Fontaine beobachtet werden. Diese mauserten sich zum einer Überraschung des Festivals. Die hessischen Lokalmatadoren aus Rodgau begeisterten mit brachialem Liedgut mit einem Schuss Pop im Sinne von At The Drive-In. Da wurde es vor der Klangkantinen-Bühne das erste Mal richtig heiß. Im nächsten Jahr dann auf der Hauptbühne bitte. Nach einem soliden Hauptbühnen-Set der Deutsch-Punker von Turbostaat ging es wieder durch die Strassen der Opel-Werke zur kleineren Bühne, um den Japandroids aus Kanada zuzujubeln. Mit etwas Verspätung wurde die Bühne betreten und alle Zuhörer schienen überrascht, wie denn zwei Menschen alleine so einen Krach veranstalten können. Mit Hits wie „Wet Hair“ oder „Young Hearts Spark Fire“ hatten die Kanadier das Publikum schnell im Griff und es gab keinen der sich der minimalistischen Mischung von Gitarre und Schlagzeug entziehen konnte. Get Well Soon füllten den Headliner-Slot zum Abschluss dann gekonnt aus. In Sachen experimentellem melancholischem Pop sind Get Well Soon nach wie vor die Speerspitze in Europa. Live eine absolute Bank.

Rokoko aus Wiesbaden eröffneten dann den zweiten Tag. Deutschsprachiger Indiepop, den man sicher schon mal vorher gehört hat. Aber warum sich immer neu erfinden? Ein gelungener Einstand in den Tag. Mit B.E.E.S und Mintzkov aus Belgien wurde die Zeit bis I Am Kloot verfeinert. Bei abendlicher Hitze bewiesen die Briten aus Manchester, warum sie Dauergast in den englischen Charts sind. Ihr akustisch angehauchter Indie-Rock verschlägt einem die Sprache, wobei das Ganze in kleinen Clubs sicher noch besser funktioniert. Die Zuschauer dankten mit warmen Applaus und I Am Kloot können gerne wiederkommen. Und dann wurde es schon Zeit für den nächsten Lokalmatador. Der nette Gisbert zu Knyphausen aus Eltville. Jede Gazette der Republik hat schon über ihn berichtet. Man könnte es fast einen Mini-Hype nennen. Aber ganz berechtigt. Denn der Gisbert kann es. Ein famoser Songwriter, der singt was er fühlt. Ein wunderbarer Auftritt. Der Aufkleber auf seiner Gitarre mit der Aufschrift „Musik ist sch****“ ist da sicherlich nur Ironie. Jochen Distelmeyer kam nach diesem Auftritt, der im Gesamtkonsens als famos angesehen wurde, als etwas bieder und dröge daher. Dies jedoch nur im musikalischen Kontext. Rein lyrisch ist Diestelmeyer eine Ohrenweide. Und dann wurde zum Endspurt angesetzt. Flashguns aus England waren dann eben eine typische Band aus England. Typisch gut. Indie-Rock mit Ecken und Kanten der live noch eine Spur heftiger daherkommt als auf Platte. Die Schweden von Friska Viljor beendeten das Phono Pop und enzückten das Publikum mit feinstem Folk. 

Das Phono Pop hat sich mittlerweile zu einer festen Größe der Festivals im Rhein-Main Gebiet entwickelt. Eine gelungene Mischung aus etablierten Größen und neuen Bands. Und auch die diesjährige Location in den Opel-Werken gab dem gelungenen Line-Up noch das gewisse Etwas. Gerne soll das Festival in dieser Behausung bleiben. Wenn das Phono Pop so weitermacht wird es dieses Festival noch lange geben. Hoffen wir das von Opel auch. Well done.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen