Bei all den Emotionen, die gerade bei dieser Band und deren Werken hervorgerufen werden, stellt das letzte Album einen echten Drahtseilakt dar, um zu verhindern, dass sich die Hardcorefans reihenweise die Pulsadern aufschneiden, ein Phänomen, dass man eher von Boygroups gewöhnt ist und Beleg für den Fanatismus ist, den diese Band hervorruft.
Songwriter Stephan Weidner, hat auch in der Vergangenheit ein Händchen für den angemessenen Umgang mit prekären Situationen bewiesen und so kreiert er mit seinem neuesten Werk, schlicht und direkt "Adios" genannt, einen Longplayer der einen Rockfaktor galore hat und nur in den letzten zwei Songs auf die Abschiedstränendrüse drückt. Fünfzehn Stücke werden einem um die Ohren gehauen, die musikalisch auf höchsten Niveau rangieren, textlich aber hin und wieder echt zu wünschen übrig lassen ("Jaja", "Lass mich gehn").
Empfangen wird man mit "Feuer" einem Kracher, der in typischer Onkelzmanier eher egomanisch geprägt ist. Das Feindbild Nr.1 ist diesmal Dieter Bohlen und seine unsäglichen "Superstars". Klar, Lieder wie "Kinder dieser Zeit", "Überstimuliert" oder "Fang mich" sprechen wahre und eindeutige Worte, nur kann ich das aus dem Mund der Onkelz, deren Rebellion sich mittlerweile darauf beschränkt, grosse Hallen ohne vorherigen Plakatierung auszuverkaufen, nicht ganz glauben. Lieder wie "Sowas hat man" oder "Einmal", mit Sitar, sind dagegen so genial geraten, dass sie bei mir auf Dauerrotation gehen. Die auf den letzten Platten aufgekommenen Backgroundgesänge und mehrstimmige Chöre sind einfach unschlagbar.
Eins kann man den Onkelz jedoch nicht verwerfen, Ausverkauf. Was die vier Jungs für einen produktionstechnischen Aufwand getrieben haben, um das Album echt fett zu gestalten, sucht seinesgleichen, das fängt bei dem aufwendig gestalteten Digipack an, zieht sich über die Bonus-DVD, auf der neben einigen Interviews das gesamte Album visualisiert vorliegt (das Video zu "Sowas hat man", treibt einem so manche Träne ins Auge) und endet nicht zuletzt bei Dolby Digital Sound, der den Ton bis zum letzten ausreizt.
Unterm Strich bleibt ein Rockalbum höchster Qualität, wie man es von den Onkelz gewöhnt ist, sehr gute Scheibe, die jedoch mehr schwächen als z.B. "Dopamin" offenbart. Geniesst dieses Album trotzdem, mehr wird es von Onkelz nicht geben, und trotz all dem Optimismus, den die Platte versprüht, bleibt ein leerer Platz bestehen, wenn es diese Band nicht mehr gibt. Onkelz gehören dazu. ADIOS.
www.onkelz.de
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