2010/12/17

[Platten] Stoer - Filet

ImageSchon die ersten paar Sekunden von „Filet“ zeigen, worauf Stør mit diesem Album hinauswollen: Sie wollen es dem Hörer nicht immer ganz einfach machen; ihn im Wortsinne (ver)stören, was Ihnen teilweise auch wirklich gelingt. Gut - jemanden zu verstören, das ist jetzt generell nicht schwierig. Schwieriger ist es, dem Hörer nebenbei auch etwas zu bieten, was er gerne mag, und ja, genau dieses ist auf der Scheibe eben auch geboten: Stør schaffen die Vereinigung aus hässlichem Speise- und kunterbuntem Regenbogenfisch.

Die Band selbst bezeichnet ihre Musik als „lieblichen Terrorjazz“. Meine Mitbewohnerin fasste dies nach dem ersten Track so zusammen: „Ja, es ist Jazz. Aber er ist nicht ganz normal. Aber er ist schön.“ Die Band, ein Gemeinschaftsprojekt aus 5 musikophilen Studenten aus Marburg, zeigt nicht nur Spielfreude und Talent. Sie weiß es auch, den Hörer mit eingängigen Klängen zu ködern, ihn aber nicht einzulullen, sondern ihn im richtigen Moment wieder – eine willkommene Störung – durch etwas unerwartetes wieder ins Boot zu holen. Überhaupt ist viel Abwechslung geboten : die klassischen Jazzinstrumente kommen  fast durchweg zum Einsatz – und spielen sich von Lied zu Lied abwechselnd deutlich in den Vordergrund – aber auch der ein oder andere Spritzer Elektronik fehlt nicht, selbst ein beinahe metallig-anmutendes E-Gitarrensolo hat seinen Platz („Karl vom AKW“).

Die Grundlage bildet jedoch immer der Jazz. Manchmal klingt er fast – in den schwächeren Momenten der Platte - ein bisschen loungig, manchmal klingt er eiskalt improvisiert. Manchmal verkommen die Stücke zwischenzeitlich leider zum hintergründigen Ambiente, was vielleicht dem einzig größeren Kritikpunkt der Geschichte wird: Es handelt sich, vielleicht nicht jazzunüblich, aber doch etwas schade, um eine reine Instrumentalplatte. Die Band will die Musik für sich sprechen lassen, was ein edles und dank der hohen Qualität auch nicht unangebrachtes Anliegen ist, trotzdem würde die ein oder andere Stimme, an der richtigen Stelle eingesetzt, dem Ganzen etwas noch markanteres verleihen.

Stør jedoch bleiben beim Instrumentalen, und es sei ihnen vergönnt. Ihre Klang-Einfälle sind kreativ und abwechslungsreich – wenn auch zuweilen etwas zu konzentriert störend (zum Beispiel in „Electronic E.V.E.“)- und so kommen durchaus geniale Momente zustande: die Gegenüberstellung von Trompete und E-Gitarre in „der Gammelfisch Skandal“ beispielweise, oder der mit dem richtigen Maß an Epik vorgetragene Schlusstrack „der Fahnder“ gehen verdammt ins Ohr, oder auch wie „Pudelstudio Petra“ in Genick und Fußwippmuskel. Die Namensgebung der Tracks ist übrigens gar nicht mal so absurd: Wen das tragikomische Stück „der Regenwurm“ nicht an eben diesen denken lässt, und wer bei „Seltsam Schlaflos“ nicht das Gefühl hat mit einem merkwürdigen Grinsen durch eine ebenso merkwürdige Traumwelt zu spazieren, der sollte vielleicht mal in sein benachbartes Pudelstudio gehen, wo – natürlich – Klavier gespielt wird.

Vielleicht ist es ungeschickt den Erstling „Filet“ zu nennen, ist das Filetstück ja eigentlich das Beste was beim Fisch geboten werden kann. Trotzdem planen Stør – in veränderter Besetzung – weiterhin aufzunehmen und weitere Alben zu veröffentlichen. Ob sie noch besser werden, da darf man gespannt sein. Vielleicht gibt’s das nächste Mal einfach einen Teller Kaviar, der kommt ja bekanntlich auch vom Stör.

VÖ: 27.11.2008 quadratisch rekords

www.myspace.com/stoere

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen