2010/12/17

[Platten] Super 700 - Lovebites

ImageWer sind Super 700? Glaubt man einer Gruppenbezeichnung in der größten deutschen Onlinecommunity, handelt es sich bei Super 700 um „Berlins Rockelektroindiesuperband“. Laut Wikipedia lassen sich der Band auch noch Einflüsse aus Trip Hop, Jazz und Synthie Pop andichten.

Und das alles ist nicht ganz verkehrt. 
Zunächst mal sind Super 700 Berliner, zumindest haben sie sich dort gefunden. Die Sängerin Ibadet Ramadani und deren 2 Schwestern – in der Band als Backgroundsängerinnen am Werk - stammen ursprünglich vom Balkan, was man dem ein oder anderen Song durchaus anzuhören vermag. Abgerundet, unterlegt und vervollkommnet werden die drei Schwestern von vier jungen Berliner Jungs an Gitarre, Bass, Trommel und Keyboard, was dann die anderen erwähnten musikalischen Eigenschaften ausmacht. Einerseits recht Indie, sicherlich viel Pop, vielleicht ein bisschen Jazz, irgendwie aber herzlich undefinierbar. Und das ist schön.

Ich stolperte vor einigen Jahren um 7 Empfehlungsecken über das erste, selbstbetitelte Album, welches ich heute schlicht und ergreifend als einen Meilenstein der Musikgeschichte bezeichnen würde, zumindest meiner persönlichen. Umso gespannter war ich auf die neue Scheibe, betitelt „Lovebites“, und im Folgenden besprochen.

Der Einstiegstrack „Tango“ ist schon länger bekannt, da schon vor Monaten als Vorgeschmackdownload erhältlich. Er versprach ein lauteres Album als den Vorgänger – kein klassisch-langweiliger Tanz auf argentinischem Parkett. Im geneigten Zuhörer allerdings löst dieser Tango, dank nicht zu knappen Gitarrengebrauchs, durchaus Herumhüpfgefühle aus. Doch schon nach einigen Sekunden wird es ruhiger – man setzt sich und fängt an zu schwelgen-  und die unglaubliche Stimme der Ibadet Ramadani erklingt. Und stellt ihre Unglaublichkeit bis zum Ende der Platte auch nicht mehr ein. Diese Stimme hat etwas magisches, und hat so einiges drauf: Leidend klingen, aggressiv, schüchtern, traurig, fordernd, sanft, doch vor allem hängt ihr etwas unverkennbar mystisches, etwas esoterisches an. Ob das auf die Herkunft ihrer Besitzerin zurückzuführen ist kann ich nicht sagen, doch offensichtlich legen es Super 700 häufiger darauf an, genau dies aus ihr herauszuholen: Lieder beginnen mit Meeresrauschen, lange, düster-tiefe Klänge unterlegen bisweilen beunruhigende und phantastische Hintergrundgesänge. Es werden Zwischenstücke eingeschoben, die auf den ersten Blick wenig Sinn machen - außer um eben diese teils düstere, teils verträumte Stimmung zu erzeugen und Aufrecht zu erhalten. Songs wie „Rosebud“ starten mit einer Gitarre, die einen geisttreibenlasserischen Nachmittag auf einer Blumenwiese andeuten könnte, deren Klänge aber, dank vor allem der Stimme Ramadanis, schnell ins Beklemmende und Ungewisse abdriften. Als würden Wolken aufziehen, oder merkwürdige Kreaturen um die Wiese herumstreifen.

Demgegenüber stehen Synthieklänge die klarer nicht klingen könnten: „We will never drown“ und „Fortuneteller“ – die vielleicht coolsten Stücke des Albums - leben von bizarren, aber überaus eingängigen Melodien, die nicht gerade von den allerklassischsten aller Musikinstrumente produziert wurden.

Super 700 machen, dank Instrumentenvielfalt und abwechslungsreichen Gesangs der Frontfrau, angenehm vielfältige Musik, die sie auch kompositionstechnisch in keinen geläufigen Vers/Refrain-Rahmen drängeln wollen. Dabei herum kommen Songs, die immer interessant, meistens sehr eingängig, selten nur etwas unangenehm sind. Und selbst bei letztgenannten bekommt man das Gefühl, als sei es fast beabsichtigt. Gerade wenn Ramadani einen etwas aggressiveren Ton anschlägt, wird es zwar hier und da etwas disharmonisch -  ein Schreiausbruch am Ende des Titeltracks „Lovebites“ etwa wirkt grandios fehlplatziert. Oder auch „Second in Line“, getragen von schnellem, etwas nöligem Gesang lässt mich ein bisschen die Augen zusammenkneifen. Es ist unangenehm – aber es klingt gewollt.
Bis auf diese kleine Schwäche jedoch ist Super 700 ein fast noch besseres Album gelungen als vor drei Jahren. Erfindungs-, abwechslungs- und auch in hohem Maße talentreich tragen mich Super 700 durch die 13 Songs, und wie schon beim Vorhänger mache ich die Erfahrung, dass man sich - nur anhand ihrer Stimme – sehr gerne in diese Sängerin verlieben würde...

 VÖ: 27.02.2009 Motor Music
http://www.super700.de/

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