2010/12/15

[Konzerte] Nada Surf - 04.05.2008 - Support: Bell X1 - Colossaal/Aschaffenburg

Nada Surf am 4. Mai im überschaubaren Colos-Saal Aschaffenburg, bringen altbekanntes und wohlbewehrtes sowie neuere Verwirklichungen vom aktuellen Longplayer „Lucky“, variiert und remodelliert zur einer grandiosen Show, die Publikum und Band gleichermaßen Freude spendet. Auf ihren Platten überzeugend durch den klaren Klang der Stimme und der Melodien, ist von diesem in ihrer Show an diesem Abend nicht sehr viel zu spüren. Etwas hart anmutend sind die Gitarren, durchdringend der Bass, Matthew Caws Stimme nicht annähernd so dominierend wie erwartet. Der Wehmutstropfen: Durch den kontinuierlichen Gitarrengrund heben sich dich Stücke vielleicht nicht ganz so sehr voneinander ab wie sie beim Hören der Platten tun.

Sobald dann aber ein Sich-einlassen auf den eben ziemlich rockigen Sound erfolgt ist, können knappe 2 Stunden einer passionierten Darbietung mit allen Ohren genossen werden. Die Leidenschaft des Musikmachens ist Nada Surf in jeder Minute – und davon gibt es eine ganze Menge an diesem Abend - anzumerken. Blickt man auf das nunmehr über 15 jährig Bandbestehen zurück, ist es schon sehr erstaunlich mit welcher Unverbrauchtheit sie da dem Aschaffenburger Publikum ihre über 20 Songs präsentieren. Überdenkt man die Zeit von 15 Jahren im Kontext des Musikmachens, kann man doch überrascht sein von der unheimlich jugendliche Energie und Leichtigkeit die die Band ausströmt und sie zu einer der sympathischsten Bands macht,  die ich in meinem nunmehr 5-jährigen Konzertleben sehen durfte.

„Happy Kid“ ist wohl das Lied, mit der man diese bedachte Jugendlichkeit, die besonders Caws  innezuwohnen scheint, vergleichen könnte.  Fühlt man sich dabei selbst noch einmal in die eigene Kindheit zurück versetzt. Vielleicht ist es dieser kindliche Charme, der einen Großteil der Sympathie für die Band ausmacht. Oder aber die Heterogenität der drei Bandmitglieder, die Individualität wahrt, und dennoch ihren Überschneidungsmoment im gemeinsamen schaffen musikalischer Stücke erfährt: neben Sänger Matthews, ist es Bassist Daniel Lorca der mit seinem imposanten Hair-Design als „Blickfang“ bezeichnet werden kann, sowie Drummer Ira Elliot, der wie seine Bandkollegen schon zu Schulzeiten musizierte. Zur Unterstützung auf den 6 Seiten respektive den schwarz-weißen Tasten außerdem dabei Gavin, der das Trio zu einem temporären Quartett komplettiert.

Dass Nada Surf aber nicht in einer abgegrenzten kindlichen Traumwelt befinden, zeigen Songs wie „Kilian’s Red“ oder „Inside of Love“, die eine vorübergehende Beklommenheit  evozieren. Nach einer kurzen Anekdote, die den Plot des nächsten Songs „Fruit Fly“ wiedergibt ist es in den folgenden Minuten ein „köstliches“ Bilderspiel, welches sich da vor dem inneren Auge auftut - zu sehen, wie Matthew Caws da an seinem Frühstückstisch sitzt und sich neben ihm die Fruchtfliegen sich über sein vergammeltes Brot hermachen.

Zur persönlichen Freude erlebt das schon etwas betagtere „Stalemate“ einen zweiten Frühling, wenn es mit dem Joy Division Klassiker „Love will Tear us apart“(der auch immer wieder gerne von bewundernden Bands adaptiert wird) verschmilzt zu einem Moment voller melancholischen Schwelgens in näherer und fernerer Vergangenheit.

Wenn auch ein bisschen wehmütig, dass herrliche „La Pour ça“ an diesem Abend nicht vernommen zu haben, stellt es keinen ernsthaften Mangel dar, denn die Show ist gefüllt mit sorgsam gewählten und positionierten Stücken. Die überzeugende Liedauswahl ist auch daran erkennbar, dass mit „Always Love“ eigentlich ein als geglückt empfundenes Abschlussstück gezaubert wurde. Als die 4 Musikkünstler die Bühne unter dem Applaus dann aber widererwartend nicht verließen blieb die Frage, welches Lied denn nun nach den Sternen im Publikumsweltall greifen könne. Die ersten Takte vernommen löste sich das Rätsel im Wohlklang von „Blankest Year“ auf. „Oh fuck it i’m gonna have a Party“, wird da der Refrain gegrölt vom Publikum sowie von ein paar auf die Bühne geholten Freunden, die die besungene Party zusammen mit Nada Surf ausleben dürfen.

Es ist also sicher kein post-bereuendes Vorhaben sich Nada Surf zum Beispiel am 27. Juni in der Darmstädter Centralstation anzusehen oder auf einem der weiteren Deutschland- bzw. Europa-Konzerte, die noch bis zum Herbst stattfinden. Zu lauschen den Klängen, den Worten, die einem mal ein Lächeln entlocken, ein anders Mal vielleicht in kurzes, tiefes Unglück zu stürzen vermögen. Wenige Bands schaffen es wohl einen Abend völlig verschiedener Stimmungen zu kreieren, bei dem am Ende aber doch das Gefühl der Zufriedenheit überwiegt und vor allem – bleibt.

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