2010/12/14

[Interviews] Hanau Radau

Hanau Radau, ein eher unbekannter Name in der deutschen Rap-Szene. Was nicht heisst, dass die Jungs nichts zu sagen hätten. Ich war in der glücklichen Lage, dass der ÄL seines Zeichens Rapper Hanau Radaus ,direkt bei mir daheim vorbeischneite und mirzu seiner neuen EP "Äl is im Wunderland", der Hanauer Szene und diversen anderen Themen Rede und Antwort stand.Was folgt sind lediglich Auszüge, da sich viele der Antworten wiederholt haben, ÄL du mögest mir verzeihen. 


B: So Äl, jetzt gratulier ich dir erstmal zu deiner wunderhübschen CD.*
Äl: Danke schön

B: Was mich vorab interessieren würde, gibt’s einen Grund warum du Solo unterwegs bist, im Gegensatz zur Trinkhalle Radau, die ja unter Hanau Rada
u rauskam.*
ÄL: Die ganze Intention von meiner Seite ist die, das bei Hanau Radau natürlich mehrere Leute sind, man muss mehrere Ansichten über Musik unter einen Hut bringen. Die Trinkhalle Radau war auch eher eine Themen-CD, partymässig getrimmt. Der Hauptgrund war eigentlich der, dass ich einfach mal komplett nur das machen wollte, was mir in den Kopf kommt und Songs machen, wie sie mir gefallen und die vielleicht in so einem konzeptualen Ding keinen Platz hätten. Ich wollte mal so ein bisschen abweichen. Es
Imagesind ja auch viele Sachen drauf, die man nicht als straighten Hip-Hop bezeichnen kann und die Sache, die wir als Hanau Radau machen ist ja eher straighter Hip-Hop, mit etwas (räuspert sich) ordinäreren Texten. Ich wollte mal eine grössere Bandbreite einbringen, alles ausreizen und mich nach niemand Anderen richten. Einfach die ganze Bandbreite von Hip-Hop nutzen, was leider viel zu selten gemacht wird. Dadurch sind dann auch Songs entstanden, die nicht von allen Hanau Radaulern in der Form mitunterschrieben werden könnten. Das Ding dient auch so mehr oder weniger als Referenz, damit ich was vorweisen kann, was komplett von mir kommt.

B: Was verbirgt sich denn genau hinter Hanau Radau:*
Äl: Es ist einfach ein Zusammenschluss von Künstlern mit Hanauer Background und die heute quer durch Deutschland studieren. Die Hälfte sind Maler im weiteren Sinne, Künstler aus der Streetart kommend. Frühere Graffitikünstler, die jetzt auch Malerei und Installationen machen. Die andere Hälfte sind wir, die halt Hip-Hop Musik machen. Wir sind im Grunde ein Zusammenschluss von kreativen Leuten, der sich aus dem Freundeskreis entwickelt hat, und mit dem wir uns gegenseitig bei unseren individuellen Projekten unter die Arme greifen können.

B: Der Titel deiner EP lautet „Äl is im Wunderland“, ich hab es ehrlich gesagt erst verstanden, als ich es mir laut vorgelesen habe. Hast du den Titel jetzt nur wegen dem Wortspiel ausgesucht, oder steckt da noch mehr dahinter?*
ÄL: Es ist schon lange so, dass ich in E-Mails oder an den Anfang von nem Track, zum Beispiel der alten Version von „Hanau ist zurück“, immer wieder Wortspiele eingefügt habe, die mit Äl zu tun haben. Es gibt jede Menge Wörter, die die beiden Buchstaben beinhalten und man kann halt viel draus machen. Das wollte ich auch für den Titel der EP machen und dann ist „Äl is im Wunderland“ gefallen und war erst einmal nur lustig, ist ein knackiger Name. Es passt aber auch in dem Sinne, das ich persönlich im Wunderland bin, wenn ich die Möglichkeit habe eine richtige, echte CD zu veröffentlichen, die kein Home recording ist. Im Vordergrund stand auf jeden Fall das Wortspiel. Ursprünglich wollten wir auf dem Cover noch mit dem Alice Film spielen, die Idee haben wir dann aber doch wieder verworfen.

B: Die Beats sind im Gegensatz zur Trinkhalle Radau selbst produziert…*
ÄL:…die Trinkhalle war ja auch ein Mixtape. Der DJ Kovacs, hat vorher den Mix gemacht und wir haben dann über den fertigen Mix gerappt. Und jetzt haben wir mal komplett mit Leuten zusammengearbeitet, mit denen ich in meinem musikalischen Umfeld zu tun habe. Durch die Menge an Leuten gleichen sich die Beats der einzelnen Tracks nicht unbedingt, was das ganze natürlich Abwechslungsreicher und interessanter macht.

B: Deine älteren Stücke, wie zum Beispiel „Das Geständnis“, waren schon ernsthaftere Sachen und das fehlt auf der EP jetzt völlig. Hattest du da kein Interesse dran oder ist das eher zufällig passiert?*
ÄL: Es war sogar so, dass ich zwei ernsthaftere Tracks hatte, von denen einer so gut wie schon auf der Platte drauf war. Es ist immer schwieriger gute, ernsthafte Sachen zu machen, die dann nicht aufgesetzt oder pathetisch klingen. Wenn Rapper versuchen ernsthaft zu sein, dann klingt das oft wie Plastik. Ich persönlich hatte eine Sache über verflossene Liebe, aber im Endeffekt hätte es nicht zu den ironisch, sarkastischen Songs gepasst. Da die Beats sich schon stark unterscheiden, muss ich da nicht noch einen textlichen Aussenseiter reinhauen. Ausserdem achte ich stark darauf, wie die Reime sturkturiert sind. Ich will dann nicht zwanghaft Haus auf Maus reimen, und das ist bei ernsthafteren Sachen, die dann noch gut klingen und Niveau haben sollen wirklich schwierig. Die Message der EP ist auch eher, hör die CD an, hab Spass und Schmunzel. Wenn ich mal ein Album mache, dann werden da auch ernsthaftere Sachen drauf sein.
 
B: Wie bewertest du die Hanauer Hip-Hop Szene, gibt es die deiner Meinung nach überhaupt?*
Al: Es gibt auf jeden Fall eine Szene, die sich jedoch erst in den letzten paar Jahren entwickelt hat. Mittlerweile hat sicherlich jedes Dorf eine Eigene. Im Gegensatz zu meinen Anfängen, als es noch total underground war, wir uns irgendwelche Tapes 200mal überspielt besorgt haben, ist es heut eigentlich ganz normal das man Hip-Hop hört. Gerade wie das Ganze jetzt aus den USA rüberschwappt, wie sich die Kids gerne mit dem Gangsterimage identifizieren, das hat total eingeschlagen. Die Jüngeren, 15-16 jährigen fangen jetzt an Hip-Hop zu machen, deshalb gibt’s auch eine Hanauer Hip-Hop Szene, die sich eben halt aus Leuten zusammensetzt, die knapp sieben Jahre jünger sind als wir. Wenn du dir zum Beispiel den Hoffnungsträger Wettbewerb anguckst, da hast du schon viele Hip-Hop Gruppen dabei.
Beim sogenannten Gangster-Rap fehlt die Bereitschaft was gemeinschaftlich zu machen, da ist eher Gedisse angesagt und das jeder den Rest erstmal Scheisse findet. Deshalb kommt da jetzt auch nichts zu Stande wie unter Rockbands, die sich gegenseitig supporten und zusammen auftreten um sich da was aufzubauen. Das sieht man schon an den Fans, die Rockfans sind homogener als das Hip-Hop Publikum. Insgesamt gibt es wenige Bands, ausser vielleicht Wortgewandt, die man jetzt auch wirklich kennt, wenn man selber nicht in der Szene aktiv ist. Da gibt’s uns, die wir uns auch eher rar machen und eher dafür bekannt mal nen Homepagetrack rauszuhauen und mal 6-7 Auftritte im Jahr zu machen. Jeder kocht so sein eigenes Süppchen.
 
B: Eine Hip-Hop Gruppe aus unserem Raum, die auch Recht groß geworden ist, ist ja „Unter Wortverdacht“…*
ÄL: …Ja, die sind jetzt bei 3P…
 
B:…es scheint mir das ihr nicht so gut auf Sie zu sprechen seid.*
Äl: Ich kenn die Jungs persönlich nicht. Wir hatten mal einen Auftritt da ist ein Rapper von den Jungs aufgetreten, Solo. Ich werde mich jetzt bestimmt nicht hier hinsetzen und was negatives über Unter Wortverdacht sagen. Der Robbie (Rapper von Hanau Radau) kennt die Jungs zumindest teilweise. Es war nur einmal so, dass sie ihre EP in unserem Gästebuch promotet und dazu geschrieben haben: Da müsst ihr noch üben. Naja, das fand ich halt…(überlegt kurz), ich fand nun wirklich nicht, dass wir, zumindest von der textlichen Seite her, schlechter sind. Natürlich haben die das beste Equipment, haben mit Moses Pelham jemanden, der die Szene kennt wie kein anderer und schon Hip-Hop Musik gemacht hat, als nur sehr sehr wenige Hip-Hop in Deutschland gemacht haben… Es ist auf alle Fälle cool was se erreicht haben. Ob ich die Musik gut finde spielt jetzt hier auch keine Rolle. Wer aber so hinter her ist wie die Jungs, der hat nen Deal auch verdient. Ich denke mal schon, dass sie da viel Energie reinstecken und zumindest dafür kann man ihnen Respekt zollen.
 
B: Ihr seid auf dem Sampler „Ear to the streets 2“ vertreten. Wie kam es dazu?*
AL: Der DJ Catch, der dieses Mixtape gemacht hat, das ähnlich wie die Trinkhalle Radau  strukturiert ist, (Also ein Tape mit Tracks auf Ami-Beats) kommt auch aus Frankfurt. Und der Nik (ebenfalls von Hanau Radau Anm. der Red.) ist locker mit ihm in Kontakt. Er hatte von der  Trinkhalle gehört, kannte uns somit und hat den Nik drauf angesprochen, ob wir nicht Bock hätten ihm was von uns zu schicken, und dass er es, falls es gut ist, drauf haut.
Der Robbie hatte gerade seinen „Jeder will wie Hanau sein“ gemacht und der Track hat sich perfekt geeignet dafür. Ich hatte meinen „Hanau ist zurück“ online und wir haben beide Tracks hingeschickt. Meiner kam leider nicht mit drauf, weil es auf den Beat schon einen anderen gab. Im Endeffekt war es aber so, dass der DJ Catch auf uns zugekommen ist und wir gemerkt haben. Ok, man kennt uns wohl. Ist eine coole Sache.
Ein anderes Beispiel, wir hatten vor zwei Monaten einen Auftritt im Westerwald und die Leute kannten unsere Lieder, kannten sogar teilweise die Texte auswendig. tauchen sogar schon Remixe von unseren Lieder in Internetcommunitys auf. Was wir einerseits ganz lustig fanden, andererseits findet mans scheisse, wenn andere Leute sich mit fremden Federn schmücken. Aber dafür, dass wir nicht versuchen unser Produkt dranghaft an den Mann zu bringen, ist das schon ganz cool. Ich hätte es zwar schön gefunden, wenn mein Track auch drauf gekommen wäre, aber der Track steht ja als Hanau Radau auf der CD….
 
B:…somit ist es immer noch euer aller Ding…*
Al: Richtig, das kommt uns allen zu Gute. So wie auch jede verkaufte CD von mir den Namen Hanau Radau weiter trägt. Das ist auch der Vorteil daran, dass wir so viele Leute sind. Jeder bringt sich ein, macht sich und damit die Gruppe größer. Da kann auch kein Neid entstehen, weil der Vorteil des Einzelnen für Alle gut ist.
 
B: Eben sagtest du, dass ihr nicht die aktivsten in hinsichtlich der Promotion seid. Seid ihr schon auf Labels zugegangen?*
Al: Bisher nicht. Ich guck jetzt erstmal, wie sich die Sache hier verkauft und werde auch was zu Labels schicken. Wobei ich sagen muss, dass ich, wenn ich die Wahl hätte, gar nicht wüsste zu welchem Label ich gehen sollte. Hip-Hop ist sehr vielseitig, man kann viel draus machen, doch momentan ist das was Erfolg hat, schon eher dieses harte, explizite Zeug. Das macht mir zwar auch mal Spass, was in der Richtung zu schreiben. Aber man muss auch immer gucken, ob man sich selbst damit identifizieren kann. Ich mach halt gerne lustigere und ausgefallene Sachen, und irgendein Label was das verbindet fällt mir jetzt spontan nicht ein. Wobei ja auch die Sache ist, dass viele ihre eigenen Labels gründen, die schon aus festen Crews bestehen. Samy Deluxe, Bushido, Azad, Kool Savas ham alle ihre Labels und die rekrutieren ihre Leute da direkt rein, so als Family Ding. Das hat natürlich auch wieder mit der ganzen Beef-Sache zu tun und das jeder sein eigener Chef sein will. Momentan ist es einfach eine schwierige Zeit, ich muss mir klare Gedanken machen, aber wie gesagt ich werde auf jeden Fall was machen.
 
B: Wo bekommt man denn jetzt deine CD her?*
ÄL: Entweder im Internet auf unserer…Hompage will ich es nicht nennen, eher jahrelange Baustelle, aus der irgendeine Homepage draus wird. Obwohl wir da immerhin ein annehmbares Forum haben. www.hanau-radau.de oder http://www.hanau-radau.de. Oder man geht nach Hanau in den schönen Music-Arts und kann sie dort käuflich erwerben. Das sind momentan so die beiden Möglichkeiten, wenn man nicht gerade bei mir klingelt.
 
B: Wie geht’s weiter nach der EP?*
ÄL: Wir sind schon wieder dran an der Trinkhalle 2 zu arbeiten. Haben schon teilweise Texte geschrieben. Denke mal das das Ganze im Sommer 2007 rauskommt, mit eingerechnet, dass es bei uns immer länger dauert. Meine CD sollte eigentlich auch ein knappes Jahr früher rauskommen. Es wird ein ähnliches Konzept sein wie bei der Trinkhalle, nur das wir diesmal keine Tracks durchlaufen lassen, die nicht von uns sind. Wahrscheinlich wird es wieder ein Mixtape mit Ami-Beats sein, weil es echt schwer ist an gute Beats zu kommen. Wir sind dann auch nicht die Leute, die uns dann Beats zusammenkaufen. Finde das ist nicht der richtige Weg.
Es kommen auch andere Leute mit drauf, mit denen wir musikalisch Kontakt haben. Wir haben jetzt angefangen mit den Aufnahmen, jedoch in einem anderen Studio, bei dem erst alles in den Anfängen liegt…  

B:…Wieso der Studiowechsel…*
ÄL: Da gab es persönliche Diskrepanzen. Es gab Dinge, die der einen Seite nicht gepasst haben, dann gab es Dinge, die der anderen Seite nicht gepasst haben. Er konzentiert sich jetzt eher auf sein eigenes Ding. Egal, wie gesagt neues Studio, neues Equipment und da müssen wir jetzt erstmal reinkommen. Wir wissen jedoch nicht wie wir das Ding rausbringen. Vielleicht bringen wir es nur im Internet raus. Da liegt meiner Meinung nach gerade für regionale Crews die Zukunft. Und in unserer jetzigen Situation sind wir nicht darauf aus Geld an der Sache zu verdienen. Für die Leute ist es dann kostenlos und wir haben weniger Aufwand. Letztlich ist es eine Win-Win  Situation. Wobei Mix-Tape Veröffentlichungen immer so eine rechtliche Sache ist, wobei ich nicht denke, dass uns da irgendwelche Labelbosse auf die Finger schauen. Aber wir lassen uns da Zeit, ich persönlich hab da sowieso keinen Druck. Meine CD ist gerade rausgekommen, ganz frisch sozusagen, da kann ich mir noch ein bisschen Zeit lassen.

 
B: Ja, dann dank ich dir für das Interview*
ÄL: Ich hab zu danken, es war mir eine Freude und eine Ehre.

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